WLAN in Regionalbahnen: Pendeln ohne Funkloch

Wer regelmäßig per Bahn pendelt, kennt das: Beim Surfen in fahrenden Zügen landet man früher oder später im Funkloch. Kostenloses WLAN soll Abhilfe schaffen, nach den ICE auch in Regionalzügen. Der Ausbau ist nicht ganz billig.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 151 Kommentare lesen
Pendeln ohne Funkloch: WLAN auch in Regionalbahnen

Regionalbahn des Franken-Thüringen-Express

(Bild: Deutsche Bahn AG / Claus Weber)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Franziska Höhnl
  • dpa
Inhaltsverzeichnis

Auf einem Gleis mitten auf einer Wiese steht eine auf den ersten Blick ganz normale rote Regionalbahn. Bis vor wenigen Stunden haben die Techniker auf dem Werkstattgelände der Deutschen Bahn im brandenburgischen Wittenberge dem Wagen jedoch gefragte Technik verpasst. Ein Mitarbeiter weist mit dem Finger ans Dach des Zugs: Eher unscheinbare langgezogene schwarze Knubbel machen den Unterschied. Die neue Ausrüstung ist für Reisende in den Zügen der Elbe-Saale-Bahn das Versprechen auf stabiles Internet. Nicht auf eigene Handy-Rechnung, sondern als kostenloses WLAN-Angebot.

Damit können sich Fahrgäste jetzt nicht nur in den ICE-Schnellzügen der Deutschen Bahn einloggen, sondern auch in einigen Nahverkehrs-Zügen: Sachsen-Anhalt beispielsweise hat die Zugflotte für ein komplettes Netz mit der Technik ausrüsten lassen – und gehört damit zu den Vorreitern. In allen 60 Wagen, die auf den Strecken quer durchs Land von Naumburg und Halle bis Magdeburg und ins brandenburgische Wittenberge unterwegs sind, soll das Surfen beim Fahren funktionieren. Am Montag wird der letzte Zug offiziell an den Landesverkehrsminister Thomas Webel (CDU) übergeben.

Seit April hatten die Wittenberger Techniker die Züge umgebaut, oft im Zwei-Schicht-System, wie eine Bahnsprecherin sagt. Nacheinander wurden die aufgerüsteten Wagen auf die Strecke geschickt. Resonanz bisher? Die Zahl der Nutzer schwanke zwar, steige aber stetig, sagt Projektleiterin Henriette Hahn von der Bahntochter DB Regio. "Die Nutzung des Datenvolumens verdoppelt sich seit April jeden Monat. Die Versorgung wird immer stabiler, das Angebot immer bekannter und deshalb auch häufiger genutzt", fasst Hahn zusammen.

"Wir hatten einen typischen Pendler vor Augen, der 220 Tage im Jahr die immer gleiche lange Strecke fährt. Wir wollten einen Beitrag leisten, um ihm diese Zeit zu versüßen", sagt Klaus Rüdiger Malter. Er ist Geschäftsführer des Nahverkehrsservice Sachsen-Anhalt, kurz Nasa. Malter und sein Team verhandeln und entscheiden für das Bundesland, welcher Bahn-Anbieter auf den Nahverkehrsstrecken fährt – und wie das Angebot aussehen soll. Oberstes Credo: Bahnfahren attraktiv zu machen, auch im eigenen Interesse. Jede zusätzlich verkaufte Fahrkarte bedeute für das Land beim Zuschussgeschäft Nahverkehr weniger finanzielle Last.

"Wir sind in einem Testfeld", sagt Malter mit Blick auf die frisch mit WLAN ausgerüsteten Züge – und fügt an: "Unser Ziel ist es, das komplette Netz auszurüsten." Kein ganz billiges Unterfangen. Allein für den Umbau der Züge bei der Elbe-Saale-Bahn, den Betrieb und den Kauf von Datenvolumen bis zum Jahr 2028 koste die Beteiligten das rund 7,5 Millionen Euro, sagt Malter – ein zusätzliches Unterhaltungsportal mit Nachrichten, Filmen und Hörbüchern, wie viele es aus den Bordangeboten in Flugzeugen kennen, ist inklusive.

Es geht also um Millionensummen, wenn Bundesländer entscheiden müssen, ob sie ein WLAN-Paket als zusätzlichen Service bei einem Bahnanbieter mitbestellen. In Sachsen, Thüringen und Brandenburg gibt es eigene Überlegungen für Umrüstungen, wie es aus den zuständigen Ministerien und Zweckverbänden heißt. Die Machbarkeit solle bei künftigen Ausschreibungen stets mitgeprüft werden. Dabei sei die Finanzierung nicht die einzige Hürde: Die Versorgung mit Internet über die großen Mobilfunkanbieter muss gesichert sein, auch in dünn besiedelten Landstrichen. Zudem muss ein sinnvoller Zeitpunkt für die Umrüstung gefunden werden.

Beispiel Elbe-Saale-Bahn: Für einen Teil der Zugflotte sei sowieso ein Rundum-Umbau-Paket geplant gewesen, der Vertrag laufe noch zehn Jahre und einige Linien führten durch die besonders dünn besiedelte Altmark, zählt Nasa-Chef Malter auf. Lange Strecken und Fahrzeiten, da schien stabil laufendes WLAN besonders interessant.

Ende 2018 sollen auch die Züge des sogenannten Dieselnetzes mit der Technik ausgestattet sein, wenn der Anbieter Abellio 13 Linien von den bisherigen Anbietern HEX und DB Regio übernimmt, kündigt die Nasa an. Zudem liefen erste Gespräche für das Netz der S-Bahn Mitteldeutschland, das sich auch auf Sachsen und Thüringen erstrecke. Stellt sich das Angebot dort als finanzierbar heraus und spielen die anderen Länder mit, dann könnten in den nächsten Jahren etwa die Pendler auf der Strecke Leipzig-Halle profitieren.

Auf anderen Linien wird WLAN in der Regionalbahn zunächst in Pilotprojekten getestet. Pionier war nach Angaben der Deutschen Bahn die S-Bahn in Stuttgart im Januar 2016. Aktuell könnten Bahnfahrer die gefragte Technik beispielsweise auf den Regionalexpresslinien Stralsund-Elsterwerda und Rostock-Berlin-Wünsdorf auf Herz und Nieren testen, erklärt ein Sprecher des brandenburgischen Infrastrukturministeriums. Bis Oktober würden die Erfahrungen gesammelt. In einem Jahr solle es WLAN im Spree-Neiße-Netz geben, etwa zwischen Cottbus nach Forst ins sächsische Zittau.

Kostenlos surfen im ICE und perspektivisch auch zunehmend im Nahverkehr – doch was ist mit der Inter-City-Flotte der Bahn? Nichts Konkretes absehbar: "Derzeit konzentrieren wir uns auf den Ausbau von WLAN im ICE auf internationalen Verbindungen", sagt eine Sprecherin. Eine Ausweitung auf den IC sei danach ein möglicher nächster Schritt. (jk)