We Happy Few angespielt: Drogentrip zwischen Überwachungsstaat und Monty Python

We Happy Few regt mit brisantem Szenario und satirischen Anspielungen zum Nachdenken an. Spielerisch wird aber wenig geboten.

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We Happy Few angespielt: Zwischen Überwachungsstaat, Fake News und Monty Python

(Bild: Gearbox)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Andreas Müller
Inhaltsverzeichnis

Mit einiger Verspätung landet das Schleichabenteuer We Happy Few auf PC und Konsolen. Die Spieler schleichen und meucheln sich durch eine alternative Zeitlinie, in der Deutschland den Krieg gewonnen und Großbritannien unterjocht hat. Satirische Seitenhiebe, morbide Schauplätze und zahlreiche Popkulturzitate von Sgt. Pepper bis zum Filmklassiker Brazil lassen fast vergessen, dass spielerisch nur Hausmannskost geboten wird.

Kaum hat der brave Beamte Arthur vergessen, seine Spaßpillen zu nehmen, schon ist nichts mehr so, wie es war. Plötzlich erkennt er, dass seine geliebte Heimat nur eine riesige Ruine ist, die von den Deutschen beherrscht wird. Arthur gerät mitten in einen Freiheitskampf, in dem sich auch ein dunkles Geheimnis seiner Vergangenheit lüftet.

We Happy Few wurde ursprünglich auf Kickstarter als Roguelike-Sandkastenspiel mit reichlich Crafting-Möglichkeiten angeboten, aber davon ist kaum noch etwas übrig. Ähnlich wie in Dishonored schleicht sich der Spieler in der linearen Story von einem Auftrag zum nächsten. Dabei trifft er auf grinsende Verrückte und sadistische Bobbys. Die muss Arthur lautlos aus dem Weg räumen, ablenken und umgehen. Wenn das nicht gelingt, droht ein mühsamer Zweikampf, dem der schmächtige Arthur möglichst aus dem Weg gehen sollte. Witzig: Arthur kann sich das Leben leichter machen, in dem er weiter seine Spaßpillen nimmt. Die Gegner lassen ihn dann in Ruhe, aber ein Happy End rückt in weite Ferne.

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Der Rest ist Genre-Standard: Looten, was das Zeug hält, allerlei nützliche Sachen basteln und bei einem erfolgreichen Missionsabschluss Fertigkeitspunkte verteilen. Hunger, Durst und Schlaf erschweren zusätzlich das Abenteuer. Auf Dauer fällt den Entwicklern wenig beim Missionsdesign ein: Ständig geht es von A nach B, etwas suchen und wieder zurückzukehren.

Am besten funktioniert das Spiel als beißende Satire auf Überwachungsstaat und Massenmanipulation. Neben Bioshock dürften sich die Spieler schnell an 1984, Brazil oder "Sie leben" erinnert fühlen. In den Büros werden fleißig Artikel zensiert, man summt zum Swinging-Sixties-Beat und lässt sich von TV-Werbung berieseln. Hinter der bunt-morbiden Comicgrafik und der sarkastischen englischen Vertonung verbirgt sich das düstere Bild einer Gesellschaft, die sich von Fake News steuern lässt und unaufhaltsam auf einen Abgrund zusteuert. Ähnlich wie die Fernsehserie Monty Pythons Flying Circus demontiert Entwickler Compulsion Games die scheinheilige Fassade einer heilen Welt.

Auf das Heute übertragen ist die Welt von We Happy Few eine einzige große Filter Bubble, in der die Bewohner allzu gern eine Spaßpille einwerfen, um sich von den realen Problemen des Alltags abzulenken. Der Spieler muss sich als Arthur fragen, ob er lieber mit dem Strom schwimmen will oder dagegen rebelliert. Aus diesem inneren Konflikt entsteht eine brisanter Parallele zu unserer Gegenwart, in der sich große Teile unserer Gesellschaft wie die maskierten Clowns aus dem Spiel nicht auf Fakten verlassen, sondern sich lieber von Populisten manipulieren lassen.

We Happy Few angespielt (5 Bilder)

Ganz easy: Nimmt Arthur gleich zu Beginn seine Spaßpille ist das Spiel vorbei.
(Bild: Gearbox)

Das Spielprinzip von We Happy Few wird dem tollen Szenario und der packenden Inszenierung nicht gerecht. Compulsion Games bedient sich bei zahlreichen Genrevorbildern, ohne eigene spielerische Akzente zu setzen. Oft lenken die austauschbaren Missionen von der beißenden Gesellschaftssatire ab, die sich Themen wie Überwachungsstaat, Massenmanipulation und Fake News widmet. Unser Tipp: Schwierigkeitsgrad auf Leicht stellen und sich auf die Spielwelt konzentrieren. Obwohl We Happy Few einen spielerisch zwiespältigen Eindruck hinterlässt, entwirft es ein brisantes Szenario, das verstört und zum Nachdenken anregt.

We Happy Few ist am 10. August für Windows, PS4 (ab 39,99 €) und Xbox One (ab 8,76 €) erschienen. USK ab 16. Für unser Angespielt haben wir ein paar Stunden mit der Windows-Version gespielt. (dahe)