Vor fünf Jahren: Microsoft übernimmt Nokia

Mit der Übernahme von Nokias Handy-Sparte wollte Steve Ballmer Microsoft als "Device Company" etablieren. Es kam anders.

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Vor fünf Jahren: Microsoft übernimmt Nokia

Mit der Kooperation von Stephen Elop und Steve Ballmer nahm das Abenteuer seinen Lauf.

(Bild: Nokia)

Lesezeit: 4 Min.

"Das ist ein mutiger Schritt in die Zukunft", sagt Steve Ballmer. Es ist der 3. September 2013 und der bullige Microsoft-Chef hat gerade einen Riesen-Deal besiegelt: Microsoft, der weltweit führende Softwarekonzern, übernimmt den finnischen Handy-Hersteller Nokia für 5,5 Milliarden Euro. Ballmer will Microsoft als Gerätehersteller auf dem wachsenden Smartphone-Markt etablieren und der Nokia-Deal soll sein größter Coup werden. Was konnte schon schiefgehen?

Zwei weltweit bekannte Konzerne, jeder in seinem Bereich führend, tun sich zusammen, um den Smartphone-Markt aufzurollen. Auf dem Papier wirkt das vielleicht furchteinflößend, doch die Konkurrenz zeigt sich nicht besonders beeindruckt. Nokia ist schwer angeschlagen und auch Microsoft hat bessere Zeiten gesehen, wenn es um den Mobilfunkmarkt geht.

Nokia verdankt seine Marktmacht 2013 nur noch den Einfachhandys. Bei Smartphones haben die Finnen massiv Marktanteile an neue Wettbewerber verloren. Das Betriebssystem Symbian ist nicht mehr zeitgemäß, die Plattformen von Google und Apple übernehmen den Markt. Nokia hat seine Vormachtstellung in nur drei Jahren an die neuen Herausforderer verloren.

(Bild: heise online)

Microsoft war mit Windows Mobile mal eine Macht auf dem Smartphone-Markt. Das war vor 2007, als das iPhone kam und alles auf den Kopf stellte. Ein Jahr später zog Google nach und brachte das erste Android-Smartphone auf den Markt. Mit einem Neustart und Windows Phone wollte Microsoft verlorenes Terrain zurückerobern.

Als die beiden Riesen endlich umsteuern, ist es schon zu spät: 2011 schreibt Nokia-Chef Stephen Elop – ein ehemaliger Microsoft-Manager – sein berühmtes Memo über die brennende Bohrinsel. Ein paar Tage später ist dann offiziell, was alle längst vermuten: Nokia gibt Symbian auf und setzt alles auf Windows Phone.

Eine riskante Wette: Als Microsoft sein renoviertes Smartphone-Betriebsystem endlich am Start hat, sind die Marktanteile schon futsch. Eine aus Stärke geborene Allianz sieht anders aus. Die Konkurrenz zeigt sich wenig beeindruckt: “Zwei Truter machen noch keinen Adler”, spöttelt Google-Manager Vic Gundotra auf Twitter.

Trotz zahlreicher toller Smartphones und dem durchaus innovativen Windows Phone bleibt die Partnerschaft von Microsoft und Nokia glücklos. Die Marktanteile dümpeln im einstelligen Bereich vor sich hin. Chancenlos müssen die beiden Riesen zusehen, wie Android die Weltmacht an sich reißt.

Als dann 2013 erste Gerüchte die Runde machen, Nokia habe einen Plan B und arbeite an einem Android-Smartphone, schlägt Ballmer zu. Es ist die letzte Chance, seine Vision von Microsoft als “Device Company” zu verwirklichen. Microsoft übernimmt Nokias Handysparte und ein attraktives Patentpaket für 5,5 Milliarden Euro.

Für Ballmer war der “Schritt in die Zukunft” zugleich sein letzter als Microsoft-Chef. Wenige Tage vor dem großen Deal hat er seinen Rückzug angekündigt. Das bedeutete auch das Aus für abertausende Nokianer: Schon ein Jahr später stellt sich Ballmers Nachfolger Satya Nadella der Realität und schreibt schließlich Milliarden auf die Nokia-Übernahme ab.

Microsoft übernimmt Nokia (9 Bilder)

Die Übernahme von Nokia war Microsofts letzter Versuch, auf dem Smartphone-Markt verlorenes Terrain zurückzuerobern.
(Bild: dpa)

Es dauert dann noch ein bisschen, bis Microsoft auch offiziell eingesteht, dass mit Windows 10 Mobile, wie es inzwischen heißt, kein Blumentopf mehr zu gewinnen ist. Der Konzern konzentriert sich auf Zukunftsthemen wie Cloud oder Künstliche Intelligenz – und macht da gute Geschäfte. Nokia bleibt ein teurer Makel in der Konzernbilanz.

Und trotzdem gibt es heute wieder Nokia-Smartphones: HMD Global hat die Markenrechte erworben und bringt seit zwei Jahren solide Android-Smartphones auf den Markt – und ein paar alte Handy-Klassiker. Bei dem finnischen Hersteller arbeiten zahlreiche Ex-Nokianer und Microsofties, die etwas von dem alten Spirit in das Unternehmen bringen. Damit gilt auch für die Marke, was sie groß gemacht hat: Ein Nokia ist unkaputtbar.

(vbr)