Verbrenner-Aus: Die FDP, E-Fuels und das leere Gerede über Technologieoffenheit

Beim Zulassungsverbot für Verbrenner macht die FDP mit großem Getöse eine Klientelpolitik, die nicht mal der eigenen Klientel dient, kommentiert Gregor Honsel.

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Auspuff, hier an einem BMW.

Auspuff an einem BMW.

(Bild: heise online / anw)

Lesezeit: 4 Min.

Jeder weiß, dass E-Fuels viel zu ineffizient für PKWs sind. Auch Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP). Das hat er in einem Moment bemerkenswerter Klarheit selbst zu Protokoll gegeben: "Wir müssen die verschiedenen Energieträger dort einsetzen, wo sie am effizientesten sind. Das ist beim Pkw der E-Antrieb", sagte er Anfang des Jahres dem Tagesspiegel. E-Fuels werde man vor allem für den Flugverkehr brauchen. "Auf absehbare Zeit werden wir nicht genug E-Fuels haben, um die jetzt zugelassenen Pkw mit Verbrennungsmotor damit zu betreiben."

Wer wollte dem widersprechen? Vor allem einer: Volker Wissing. Kurze Zeit später wollte er alles nicht mehr so gemeint haben. "Ein wichtiger Baustein könnten in Zukunft aber auch strombasierte Kraftstoffe sein – nicht nur für Luftverkehr und Schifffahrt, sondern auch in den Pkw-Bestandsflotten", sagte er im Bundestag.

Bei dieser Position ist die FDP bis heute geblieben – auch auf Kosten erheblicher Blechschäden bei der Koalition. Als der EU-Ministerrat über ein Zulassungsverbot für Verbrenner ab 2035 entscheiden sollte, lagen Wissing und Grünen-Umweltministerin Steffi Lemke im offenen Clinch darüber, ob Deutschland dem zustimmen solle. Schließlich einigte man sich auf den Kompromiss, dass auch "nachweislich nur mit E-Fuels betriebene Autos" zugelassen werden.

Dies wirft mehrere Fragen auf. Erstens: Haben wir überhaupt einen Bundeskanzler? Hat der auch eine eigene Meinung dazu? Ab welcher Eskalationsstufe würde er sich bemüßigt fühlen, in solche Debatten einzugreifen? Wenn das sein Führungsstil für den Rest der Wahlperiode bleiben wird – na toll.

Zweitens: Sind E-Fuels wirklich klimaneutral? Ein Faktor wird dabei gerne übersehen: Selbst wenn sie nominell mit seriös zertifiziertem Ökostrom hergestellt werden – solange es keinen Ökostrom im Überfluss gibt, kann man den vielen Strom zur Produktion von E-Fuels auch sinnvoller nutzen, um andere Sektoren zu dekarbonisieren. E-Fuels haben also zumindest einen indirekt nachteiligen Klimaeffekt.

Ein Kommentar von Gregor Honsel

Gregor Honsel ist seit 2006 TR-Redakteur. Er glaubt, dass viele komplexe Probleme einfache, leichtverständliche, aber falsche Lösungen haben.

Drittens: Hat sich die FDP mal wieder durchgesetzt und "SPD und Grüne am Ring durch die Manege geführt", wie etwa der Verkehrsclub Deutschland meint? Na ja. Im Grunde ist das Ganze kein Kompromiss, sondern ein Witz. "Außerhalb des bestehenden Systems der Flottengrenzwerte setzen wir uns dafür ein, dass nachweisbar nur mit E-Fuels betankbare Fahrzeuge neu zugelassen werden können", hieß es schon im Koalitionsvertrag. Und bereits bei dessen Vorstellung rätselte man: Wie genau sollen diese E-Fuel-only-Autos funktionieren? Sollen sie einen fünfeckigen Tankeinlass bekommen, auf den nur noch die Zapfpistolen spezieller E-Fuel-Zapfsäulen passen? Werden den E-Fuels kleine RFID-Chips beigemischt, die den Motor freischalten? Oder soll man künftig ein digitales Fahrtenbuch führen, um nachzuweisen, was man wo getankt hat (am besten natürlich auf Basis einer Blockchain)?

Oder aber bedeutet das – Achtung, hier fliegt der FDP ihre ganze Taktiererei um die Ohren – dass es künftig schlicht keine andere Treibstoffe als E-Fuels mehr geben wird? Also nur noch extrem knappe und teure? Dies würde nicht nur auf ein Zulassungsverbot von Neuwagen hinauslaufen, sondern auf ein komplettes Verschwinden vom Verbrennern außerhalb bestimmter Nischen wie Motorsport oder Oldtimern. FDP, be careful what you wish for!

Möglicherweise wird die FDP das dann alles nicht mehr so gemeint haben wollen. Oder ein fettes Subventionsprogramm fordern. Aber am wahrscheinlichsten ist, dass dieser Passus schlicht keinerlei Konsequenz haben wird. Die meisten Hersteller wollen ohnehin viel früher aus der Verbrennerproduktion aussteigen. Und keiner weiß, wie man diese ominösen „nachweisbar nur mit E-Fuels betankbare Fahrzeuge“ bauen soll, keiner wird sie brauchen, keiner wird sie vermissen. Die FDP macht mit großem politischen Getöse also eine Klientelpolitik, die nicht einmal der eigenen Klientel dient, sondern lediglich mal wieder Gelegenheit bietet, die liberale Lieblingsvokabel der „Technologieoffenheit“ zu ventilieren.

(grh)