Nach Scholz-Besuch in Saudi-Arabien: Waffen für den Kronprinzen

"Gut abgewogene Entscheidungen" in Dschidda. Foto: © 2022 Presse- und Informationsamt der Bundesregierung / Denzel

Das Königreich erhält trotz seiner Beteiligung am Jemen-Krieg und bekannter Vorwürfe von Amnesty International Ausrüstung und Munition aus Deutschland. Der deutsche Kanzler will zuvor in Dschidda alle Bürger- und Menschenrechtsfragen erörtert haben.

Die "wertebasierte Außenpolitik" ist flexibel: Während in Deutschland eine hochemotionale Debatte um die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine tobt, in der die Skeptiker gerne als herzlos und amoralisch dargestellt werden, hat die Ampel-Regierung ganz nebenbei trotz eines weitgehenden Exportstopps grünes Licht für die Lieferung von Ausrüstung und Munition für Kampfflugzeuge an Saudi-Arabien gegeben.

Das geht nach Angaben der Deutschen Presse-Agentur aus einem ihr vorliegenden Schreiben von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) an den Wirtschaftsausschuss im Bundestag hervor. Die Exportgenehmigungen wurden demnach im Rahmen eines gemeinschaftlichen Programms mit Italien, Spanien und Großbritannien erteilt.

Ausrüstung und Munition für Eurofighter und Tornado

Es soll sich um Ausrüstung und Munition für Eurofighter und Tornado-Kampfjets im Wert von 36 Millionen Euro handeln. Im Rahmen eines europäischen Kooperationsprojekts würden außerdem Ersatzteile für den Airbus A330 MRTT im Wert von 2,8 Millionen Euro geliefert.

Die "rot-grün-gelbe" Koalition macht damit erstmals seit Beginn ihrer Amtszeit von einer Ausnahmeregelung für den Exportstopp an das islamisch-reaktionäre Königreich Gebrauch. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte Saudi-Arabien erst vor wenigen Tagen besucht, um in der Hafenstadt Dschidda eine engere Energiepartnerschaft mit dem Land zu besiegeln. Diesbezüglich hatte Scholz von "gut abgewogenen Entscheidungen" gesprochen.

Todesstrafe und Kriegsverbrechen

Nach Angaben des Bundeskanzlers wurden bei seinem Treffen mit dem saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman auch "alle Fragen besprochen, die sich um Fragen von Bürger- und Menschenrechten drehen".

Waffenlieferungen an das Golfemirat gelten nicht "nur" deshalb als problematisch, weil es exzessiv die Todesstrafe praktiziert – an einem Tag im März wurden dort 81 Menschen hingerichtet – sondern auch, weil es in einer Art und Weise am Jemen-Krieg beteiligt ist, die von der Menschenrechtsorganisation Amnesty International als völker- und menschenrechtswidrig eingestuft wird.

Sowohl die von Saudi-Arabien angeführte Militärallianz, die die international anerkannte Regierung des Jemen unterstützt, als auch die bewaffnete Gruppe der Huthi verübten weiterhin Angriffe, bei denen Zivilpersonen verletzt und getötet wurden. Auch zivile Infrastruktur wurde zerstört, so zum Beispiel Lebensmittelinfrastruktur.


Amnesty International über die Lage im Jemen 2021

Mord an einem Journalisten belastete seit 2018 die Beziehungen zum Westen

Ein weiteres Reizthema in den Beziehungen zwischen Saudi-Arabien und bürgerlichen Demokratien des Westens war in den letzten Jahren die Ermordung des Journalisten Jamal Khashoggi im Oktober 2018, für die bin Salman von türkischen und US-Behörden verantwortlich gemacht wurde.

"Offensichtlich hat man alle Hemmungen verloren, autoritäre Regime aufzurüsten und Kriege in aller Welt zu nähren", kommentierte die deutsche Oppositionspolitikerin Sevim Dagdelen (Die Linke) am Donnerstag das Ende der Eiszeit mit Saudi-Arabien und nannte die Entscheidung der "Ampel" für Rüstungsexporte an Golfdiktaturen "verbrecherisch".