"Hybrider Angriff": Nutzt Erdogan Flüchtlinge erneut als Waffe gegen die EU?

Syrische Flüchtlinge in der Türkei. Bild: European Parliament, CC BY-NC-ND 2.0

Geflüchtete aus Syrien sammeln sich in der Türkei. Offenbar kollektiver Grenzübertritt nach Griechenland geplant. Stehen Syrer oder Türken hinter eine Telegram-Gruppe mit 85.000 Mitgliedern?

In der Türkei soll sich eine große Gruppe von Flüchtlingen zusammengefunden haben, um geschlossen die Grenze zu Griechenland zu überqueren und in die EU zu gelangen. Die Aktion werde von den Organisatoren als "Karawane des Lichts" bezeichnet, heißt es im britischen Guardian.

Die Aktion ist offenbar Teil einer aggressiveren Migrationspolitik der Türkei. Griechische Fernsehsender haben zuletzt Videoaufnahmen von türkischen Grenzschützern gezeigt, die Flüchtlinge zur Grenze nach Griechenland am Evros-Fluss begleiten und zum Grenzübertritt drängen.

Die griechische Zeitung Real News behauptet, dass es bereits zu einer Ansammlung syrischer Flüchtlinge in der türkischen Grenzstadt Edirne gekommen sei. Die Zeitung Ta Nea rief mit Blick auf den mutmaßlich geplanten Massengrenzübertritt in ihrer Printausgabe "Alarmstufe Rot" aus. "Armee und Polizei sind in Bereitschaft, um eine neue Welle von Migranten und Flüchtlingen aus der Türkei abzuwehren", heißt es in dem Blatt.

Die Zeitung Kathimerini erklärt in einer Reportage, die "Karawane des Lichts" sei über eine Gruppe im Messengerdienst Telegram organisiert worden. Rund 85.000 syrische Flüchtlinge sollen dort bereits Mitglied sein.

Laut der Kathimerini gibt es Parallelen zu 2015 und zum März 2020. Das Blatt hat nach eigenen Angaben Kontakt zu einem der Organisatoren der Telegram-Gruppe aufgenommen. Auslöser für den aktuellen Flüchtlingstreck sei die Entscheidung der Türkei, Syrer abzuschieben oder zur freiwilligen Ausreise nach Syrien zu bewegen. Der Organisator der Gruppe beteuerte, dass er nichts mit dem türkischen Staat zu tun habe und dass die Organisatoren der Karawane akademisch gebildete Syrer seien.

Das Internetmagazin Newsbomb sieht dagegen acht Türken als Organisatoren der Telegram-Gruppe und der Karawane. Die Schleuser seien mindestens seit 2015 aktiv und unter dem Namen "Krupp 8" bekannt.

Das rechtspopulistische griechische Internetmagazin News Break titelt mit einer Dosis Panikmache von einem "hybriden Angriff von 100.000 Migranten unter türkischer Führung". Die Attacke sei eine Frage von Stunden.

Für die Regierung in Athen ist die Situation klar. Es drohe, so heißt es, eine Wiederholung der Szenen aus dem März 2020. Damals strömten Zehntausende über die Grenze und wurden von griechischen Sicherheitskräften zurückgedrängt.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen reiste damals ins Evros-Gebiet, lobte die griechische Regierung für die geschlossenen Grenzen und sicherte die Solidarität der EU zu.

Berichte über die Karawane gibt es bereits seit Anfang September. Am 13. September sah der zuständige Immigrationsminister Notis Mitarachi noch keinen dringlichen Handlungsbedarf. Gegenüber dem TV-Sender Skai bemerkte er:

Wir haben diese Informationen seit einigen Tagen. Zum Glück arbeiten die Geheimdienste in der Europäischen Union effektiv. Schließlich hatten wir auch sehr erfolgreiche Informationen vom Inlandsgeheimdienst EYP im März 2020, was für uns ein Katalysator war, um die Evros-Grenze befestigen zu können.

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