Politik im Burgwall: Der Aufstieg des autoritären Nationalismus

Karnevals-Karrikaturen: Xi Jinping, Wladimir Putin, Donald Trump und Kim Jong-un als zündelnde Clowns à la Stephen Kings Horrorroman "ES". Bild: Marco Verch / CC BY 2.0

Russland schließt sich mit Nordkorea und China zur Eurasischen Union der Autokratien zusammen. In Europa und Amerika ringen illiberale Kräfte Freiheitsrechte und internationale Absprachen nieder. Einige allzu reale Horrorszenarien.

Das ist ein Albtraumszenario: Da Wladimir Putin nicht genügend Soldaten aus der Russischen Föderation rekrutieren kann, nimmt der nordkoreanische Staatschef Kim Jong-un sein jüngstes Angebot an, 100.000 Nordkoreaner zu schicken, die sich dem unglücklichen Versuch des russischen Präsidenten anschließen, die Ukraine zu erobern.

Kim hat auch versprochen, nordkoreanische Arbeiter zu entsenden, um beim Wiederaufbau der Donbass-Region zu helfen, die von den russischen Streitkräften zum Teil zerstört wurde, um sie zu "retten". Es wäre ein gespenstischer Widerhall der brüderlichen Hilfe, die osteuropäische kommunistische Staaten Pjöngjang in den 1950er Jahren nach den Verwüstungen des Koreakriegs leisteten.

John Feffer ist Direktor von Foreign Policy In Focus am Institute for Policy Studies in Washington D.C.

Die aktuell enge Verbindung zwischen Russland und Nordkorea ist alles andere als neu. Der Kreml hat eine Reihe von Kims mit militärisch und wirtschaftlich unterstützt. Sollte Putin jedoch auf derart viele Soldaten und Arbeitskräfte aus Nordkorea zurückgreifen können, wäre es das erste Mal, dass sich das Land wirklich revanchiert. Als Vorschuss für die neue Freundschaft unterstützt Pjöngjang Berichten zufolge Moskaus Krieg bereits mit der Lieferung von Raketen und Munition aus der Sowjetzeit.

Das durchaus reale Szenario eines sehr engen Bündnisses zwischen Moskau und Pjöngjang enthält auch die Möglichkeit einer Eurasischen Union der Autokratien in der Zukunft, der auch China und andere zentralasiatische Staaten angehören könnten. Noch vor wenigen Jahren wäre ein antiwestliches Bündnis, das fast 20 Prozent der Landfläche der Welt und ungefähr den gleichen Prozentsatz der Bevölkerung umfasst, in der Tat unwahrscheinlich gewesen.

Trotz seiner autokratischen Tendenzen gab Russland damals noch vor, eine Demokratie zu sein, und unterhielt zusammen mit China solide Wirtschaftsbeziehungen mit dem Westen. Nordkorea hingegen war ein isolierter Außenseiter, der unter einer starren Diktatur und strengen Sanktionen leidet, die seinen Zugang zur Weltwirtschaft beschränken.

Anstatt sich den politischen und wirtschaftlichen Normen der internationalen Gemeinschaft anzupassen, drängt Nordkorea nun an die Spitze der illiberalen Meute, während Kim mit seiner Tourguide-Fahne winkt, um andere zu ermutigen, seinen Weg zu gehen. Putin jedenfalls scheint bereit zu sein, seinem Beispiel begeistert zu folgen.

Immerhin hat er in den letzten zehn Jahren Schritte unternommen, um die russische Zivilgesellschaft zu eliminieren und gleichzeitig eine von oben gesteuerte, von Verbänden betriebene Wirtschaft aufzubauen. Seit er im Februar den Einmarsch in die Ukraine angeordnet hat, sieht sich der russische Staatschef nun mit der gleichen Art von Sanktionen konfrontiert, die auch Pjöngjang plagen und sein Land zwingen, seine eigene Version von "Juche" zu verfolgen, die nordkoreanische Philosophie von Selbstständigkeit. Beide Länder haben ihre Regierungsideologie der 1990er Jahre – Kommunismus in Nordkorea, Demokratie in Russland – weitgehend durch einen hässlichen, fremdenfeindlichen Nationalismus ersetzt.

Auf einer grundlegenderen Ebene sind sowohl Nordkorea als auch Russland ein Beispiel für das Konzept des Exzeptionalismus. Seit seiner Gründung nach dem Zweiten Weltkrieg betrachtet sich Nordkorea im Allgemeinen als Ausnahme von allen Regeln internationaler Normen. Der Einmarsch Russlands in die Ukraine hat Putins Version eines neuen russischen Exzeptionalismus zementiert, der die Bemühungen von Michail Gorbatschow und Boris Jelzin, die Sowjetunion und ihre Nachfolgestaaten stärker an die globalen Normen anzupassen, ein für alle Mal begraben soll.

Auch Russland und Nordkorea sind in ihrem Exzeptionalismus keine Ausnahmeerscheinungen. Die Verachtung internationaler Autoritäten ist zu einem integralen Bestandteil eines wachsenden autoritären Populismus geworden, der sich als Wut auf die wirtschaftliche Globalisierung und als Enttäuschung über die liberal-demokratischen Eliten, die dieses Projekt unterstützt haben, manifestiert hat.

Obwohl der Angriff auf den Liberalismus und das Verfolgen eines anti-freiheitlichen Exzeptionalismus im Ukraine-Krieg eine äußerst gewalttätige Form angenommen haben, sind sie in Europa (Ungarn), Asien (Myanmar), Afrika (Äthiopien) und Lateinamerika (Brasilien) in weniger virulenten, aber nicht weniger beunruhigenden Formen zu finden.

Der Ground Zero des modernen Exzeptionalismus waren jedoch schon immer die Vereinigten Staaten, wo seit langem ein parteiübergreifender Konsens besteht, dass Amerika das Recht hat, fast alles zu tun, was es will, um seine globale Hegemonie aufrechtzuerhalten. Natürlich bewegt sich der Exzeptionalismus innerhalb eines Spektrums, mit liberalen Internationalisten wie Joe Biden am einen Ende und Donald Trump am anderen, einem Autokraten nach russischem Vorbild. Anders ausgedrückt: Es gibt in den USA einen Kampf darüber, inwieweit man mit anderen konstruktiv zusammenarbeiten sollte.

Was sich in der Ukraine abspielt – in der ein Exzeptionalismus-Staat versucht, ein liberales, internationalistisches System zu zerschlagen – ist eine Version eben dieses Machtkampfes. Das Blutbad ist ein Vorgeschmack auf einen blutigen Bürgerkrieg, der in den Vereinigten Staaten ausbrechen könnte, wenn Donald Trump oder ein anderer radikaler Politiker wie er 2024 ins Weiße Haus einziehen sollte.

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