Donald Trump: Rechtsstreits ohne Ende

Ob die Anklagen aus der Justiz den früheren Präsidenten davon abhalten werden, erneut zu kandidieren, gilt als wenig wahrscheinlich. Er baut darauf, dass die Wählerschaft der Republikaner eine gewisse kriminelle Energie erwartet.

Donald Trumps Anhänger glauben an eine Verschwörung der liberalen Eliten gegen ihren Kandidaten. Für seine Fans sämtliche Ermittlungen gegen Trump nicht nur politisch motiviert, sondern auch Beweis dafür, dass er aktiv gegen den "Deep State" kämpft.

Fakt ist, dass reiche und mächtige Menschen wie Trump in den USA meist über dem Recht stehen und sich dem entsprechend verhalten. Auch Trump musste sich bisher selten für seine zahlreichen Betrügereien rechtfertigen. Eine gewisse kriminelle Energie erwartet die Wählerschaft, besonders die Republikanische, von ihren Eliten.

Ein Paradebeispiel dieser Kultur ist auch der frühere Gouverneur Floridas, mittlerweile Senator, Rick Scott. Scott war vor seiner politischen Karriere dafür bekannt geworden, dass er als CEO der Columbia Hospital Corporation den wohl größten Betrug an Medicare, Medicaid und anderen vom Staat geförderten Programmen zu verantworten hat. Seinen Aufstieg bis in den Senat hat das nicht behindert.

Wenn also jemand wie Trump kurz vor einem Wahlkampf vor Gericht gezerrt wird, kommt dem Trump-Gefolge anscheinend nur eins in den Sinn: Dass dahinter eine größere Macht als der ausgewiesene Rechtsstaat stecken muss. Andererseits hat sich wohl kaum ein (Ex-)Präsident rechtlich so angreifbar gemacht wie Donald J Trump. Abgesehen vielleicht von Richard Nixon - und dessen Schicksal dürfte Trump kaum beruhigen.

Ob nun politisch motiviert oder nicht, laut Financial Times machte die Generalstaatsanwältin des Bundesstaates New York, Letitia James, vergangenen Mittwoch endlich ernst und erhob Anklage gegen Donald Trump und drei seiner erwachsenen Kinder.

"Erstaunlicher Betrug"

Die Staatsanwältin sprach von einem "erstaunlichen" Betrug, dessen Ziel es war, den Wert der Vermögenswerte des Familienunternehmens The Trump Organization zu ihrem eigenen finanziellen Vorteil fälschlich aufzubauschen.

James fordert Strafen, die, im Falle einer Verurteilung, die Immobilienkarriere des ehemaligen Präsidenten beenden und das gesamte Familienunternehmen gefährden könnten. Auf dem Tisch ist ein mögliches Verbot für Trump und seine Kinder Donald Jr., Ivanka und Eric, jemals wieder ein in New York eingetragenes Unternehmen zu führen.

Zudem fordert die Generalstaatsanwältin das Gericht auf, die Trumps zu einer Rückzahlung von mindestens 250 Millionen Dollar an angeblich unrechtmäßig erzielten Gewinnen zu zwingen. Außerdem gab James bekannt, dass ihr Büro Beweise an das Justizministerium weiterleiten werde, um möglicherweise strafrechtliche Anklagen, einschließlich Bankbetrug, zu erheben.

Trumps Anwälte und Sprecher der Trump Organization weisen die Vorwürfe natürlich zurück.

Im Mittelpunkt der Ermittlungen stehen die jährlichen Financial Statements, in denen Trump und seine Berater Kreditgebern und potenziellen Geschäftspartnern sein Nettovermögen darlegen.

Laut James bestand Trump jedes Jahr darauf, seinen "Networth" steigen zu sehen, zumindest auf dem Papier. Um dies zu erreichen, überbewerteten die Trumps routinemäßig den Wert ihrer Vermögenswerte, also Bürotürme, Golfclubs und sogar das Mar-a-Lago-Anwesen. Dies wiederum ermöglichte es ihnen, sich wirtschaftliche Vorteile zu sichern, besonders den Zugang zu Finanzierungen durch Banken zu günstigeren Bedingungen.

Stand die Steuer vor der Tür, wurde laut Anklage der Wert der gleichen Vermögenswerte minimiert. In der Anklageschrift heißt es:

Mithilfe von Donald Jr., Eric, Ivanka und anderen Angeklagten hat Trump seinen Nettowert um Milliardenbeträge über- und untertrieben, um Kredite zu erhalten und zu bedienen, Versicherungsleistungen zu erhalten und weniger Steuern zu zahlen.

Zitiert nach Financial Times

Die Deutsche Bank

Warum der Trump-Clan bisher mit dieser Form des Betrugs durchgekommen ist? Vielleicht war es der Glaube in seine Gläubiger. Denn auch wenn die Trump Organization nicht "too big to fail" ist, stehen mächtige Kreditgeber hinter ihm.

Allen voran die Deutsche Bank, deren Beziehung mit der Trump Familie bis in die 1990er Jahre zurückreicht. Diese Beziehung könnte Trump nun hilfreich sein.

Zumindest theoretisch müsste die Bank ihre eigene Due-Diligence-Prüfung durchführen, sie verließ sich aber immer wieder ausschließlich auf das Wort des "Baulöwen." Und: Ab einem gewissen Punkt gilt für einen Kreditor eben: weiter Geld leihen oder alles verlieren, also lieber nicht genau hinsehen.

Vielleicht war es auch im Interesse der Kreditinstitution, dem Familienunternehmen des US-Präsidenten 340 Millionen geliehen zu haben.

In jedem Fall wurden Trumps finanzielle Selbstüberschätzung von der Deutschen Bank mitgetragen, was die Arbeit der Staatsanwaltschaft erschweren dürfte.

Erklärungen

Problematisch für die Staatsanwaltschaft könnte auch sein, dass Trumps ehemaliger Wirtschaftsprüfer im Februar gekündigt hat und inzwischen behauptet, er könne nur für zehn Jahre der Finanzberichte bürgen.

Die Staatsanwaltschaft hatte auch gehofft, Trumps ehemaliger Chief of Finances, Allen Weisselberg, würde gegen seinen Boss aussagen. Dieser weigert sich jedoch, die "Omertá" zu brechen. Außerdem ist Trump dafür bekannt, dass er kaum einen "Papertrail" hinterlässt.

Hört sich an, wie aus einem Mafia-Film? Es gibt wohl kaum einen Immobilienhai im New York der 1960er und 1970er-Jahre, der ohne Verbindungen zum organisierten Verbrechen ausgekommen wäre, aber Trump rühmte sich geradezu mit seinen Cosa-Nostra Verbindungen.

Trumps Mentor und Anwalt, Roy Cohn, hatte persönliche Verbindung zu den Bossen der Genovese-, Bonanno- und Gambino-Familien. Von diesem Mann lernte Trump, eine Firma zu führen, – und eventuell von seinem oft betrunkenen und selbst für diese Zeit extrem rassistischen Vater Fred Trump.

Das soll nicht heißen, Trump sei Kopf eines kriminellen Netzwerks, aber das erklärt vielleicht, warum er die Geschäftswelt im Grunde als eine Aneinanderreihung größerer und kleinerer Betrügereien versteht.

Jede interessierte Behörde hätte längst ausreichend Anlass gehabt, sich die Trump Organization mal genauer anzusehen. Wenn die Staatsanwältin also jetzt von einem "erstaunlichen" Ausmaß an Betrug spricht, darf man sich schon wundern, was sie denn vorzufinden geglaubt hatte.