Fridays for Future fordert: "100-Milliarden-Euro-Sondervermögen für den Klimaschutz!"

Globaler Klimastreik am 23. September 2022. Bild: Fridays for Future Deutschland @lukasgress

Globaler Klimastreik: Aktionen in fast 600 Städten auf allen Kontinenten. In Deutschland wird eine Zeitenwende gefordert: "Spätestens jetzt ist der Moment, sich von fossilen Energien unabhängig zu machen und Erneuerbare in einem noch nie dagewesenen Tempo auszubauen."

Mancher mag gehofft – andere befürchtet – haben, die Schulstreiks und Demonstrationen für Klimaschutz seien vorbei, die Luft aus der Jugendbewegung sei raus. Doch dem ist nicht so, wie der gestrige Freitag zeigte.

Weltweit sind, wie angekündigt, Hunderttausende Menschen oder gar mehr für Klimaschutz und gegen die fortgesetzte Nutzung von Kohle, Öl und Gas auf die Straße gegangen. In einigen Ländern wie Südkorea wird es am heutigen Samstag weitere Kundgebungen geben. Eine unvollständige Aufstellung zeigt geplante Aktionen in fast 600 Städten auf allen Kontinenten. (Auch an arktischen und antarktischen Forschungsstationen gab es kleine Kundgebungen.)

Aufgerufen hat die internationale Schulstreikbewegung Fridays for Future, für die es der elfte globale Aktionstag war. Unterstützt wurden die Jugendlichen von zahlreichen Umweltverbänden, den Scientists for Future und in einigen Ländern auch von Gewerkschaften. Aktionen gab es unter anderem in Bangladesch, in Österreich, in Indien, in Italien (hier eine Aktion auf der Rialto-Brücke in Venedig), in El Salvador, in Japan, in Uganda, in Pakistan und natürlich in Schweden.

Hierzulande gingen laut einer Presseerklärung des deutschen Zweigs des internationalen Netzwerks in über 270 Orten zwischen Aachen und Frankfurt/Oder, zwischen Flensburg und Konstanz 280.000 Menschen auf die Straße.

Gefordert wurde vor allem ein 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen für den Klimaschutz und dass die reichen Industrienationen, für die den armen Ländern angerichteten Schäden aufkommen. Eine Forderung, wie sie am Dienstag auch UN-Generalsekretär António Guterres erhoben hatte.

Fridays-for-Future-Sprecherin Darya Sotoodeh fordert daher die Entschuldung der Entwicklungsländer:

„Weltweit zerstört die Klimakrise Menschenleben. Während Länder wie Deutschland die Klimakrise weiter befeuern, erleben Millionen von Menschen in Pakistan die Konsequenzen. Für uns ist klar: Die Regierung muss ihrer Verantwortung gerecht werden und jetzt konsequent handeln. Sie muss ihre selbsterklärten Ziele einhalten und die Länder entschulden, die am stärksten unter den Folgen der Klimakrise leiden.“

In Berlin gingen nach Veranstalterangaben 36.000, zumeist sehr junge Menschen auf die Straße. Nach eigenem Augenschein des Autors scheint die Zahl plausibel, der Demozug brauchte auf einer vierspurigen Straße rund eine Stunde, um durchzuziehen. In Köln waren es 7000, in Hamburg 19.000, in Frankfurt/Main 10.000 und in Kassel 3000. Vereinzelt wurden auch Schulen besetzt, wie etwa in Darmstadt, wo zuvor 4000 Menschen demonstriert und "Bambule" angekündigt hatten.

In Düsseldorf gab es neben einer Demonstration auch eine symbolische Sitzblockade vor dem dortigen Landeswirtschaftsministerium, um den Erhalt des Dorfes Lützerath zu fordern, unter dem RWE die Braunkohle abbaggern will.

Während in Berlin keinerlei Parteifahnen und auch kein erkennbarer grüner Block zu sehen waren, sollen in München, wo es ansonsten wie in Berlin und vermutlich einigen anderen Städten einen explizit antikapitalistischen Block gab, munter grüne Fahnen geweht haben. Fridays-for-Future-Sprecherin Annika Rittmann machte allerdings klar, dass man mit der Regierungspolitik nichts am Hut hat:

„Entweder haben der Kanzler und seine Regierung kein Interesse daran, die Krisen zu lösen oder nicht verstanden, dass Verantwortung für ein Land zu übernehmen nicht nur kurzfristige Entlastungen, sondern auch langfristige Lösungen bedeutet. Spätestens jetzt ist der Moment, sich von fossilen Energien unabhängig zu machen und Erneuerbare in einem noch nie dagewesenen Tempo auszubauen. Heute haben Hunderttausende Menschen auf der Straße gezeigt, dass soziale Sicherheit, Freiheit und Klimagerechtigkeit zusammengehören.“

Am gestrigen Freitag wurde ansonsten bekannt, dass die Bundesregierung die Verabschiedung ihres Klimasofortprogramms, das bereits für den Sommer versprochen war, erneut verschoben hat.

Nun ist die Rede davon, dass das Kabinett im Oktober darüber abstimmen wird. Bis es dann durch Parlament und Bundesrat ist, wird es wohl schon Winter sein.