Volle Gasspeicher in Deutschland zu welchem Preis?

Die kurzfristige Trennung vom russischen Gas und die folgende Sicherung der deutschen Gasversorgung hat zahlreiche bislang wenig berücksichtigte Langzeitfolgen, deren Kosten für die Endverbraucher bislang nur schwer abschätzbar sind.

Die deutsche Angst davor, im Winter ohne Gas dazustehen, hat die Politik in der zweiten Jahreshälfte 2022 geradezu beflügelt. Mit Summen, mit welchen man zahlreiche bisherige LNG-Kunden auf dem Weltmarkt ausstechen konnte, hat Deutschland seine gemieteten Speicher sehr schnell auffüllen können.

Da Deutschland offensichtlich jeden geforderten Preis bezahlt hat, mussten Länder wie Pakistan oder Bangladesch in dieser Situation auf den üblichen Gaseinkauf verzichten. Welche politischen Folgen die deutsche Einkaufstour in Südasien zeitigte, wird in Deutschland bislang noch viel zu wenig wahr genommen. Hierzulande schaut man derzeit mehr auf Indien, in der Hoffnung, dass viele Inder jetzt Kunden für deutsche Industrieprodukte werden und die chinesischen Kunden ersetzen.

Trieb der überstürzte deutsche Gaseinkauf den Gaspreis in zuvor nicht erwartete Höhen, fiel er ziemlich schnell wieder, als die deutschen Speicher gefüllt waren. Damit reduzierte sich dann sehr schnell der Wert des eingespeicherten Gases wieder. Wollte man die gespeicherten Gasmengen wieder verkaufen, sie also wieder ausspeichern, würde der Gaspreis weiter absinken und den Wertverlust noch erhöhen. Also lässt man das Gas in den Speichern.

Man muss dann für eine längere Zeit die Speicherkosten übernehmen. Zum offensichtlichen Glück für Deutschland hat man die zuletzt zu Gazprom gehörenden großen Speicher der Astora GmbH mit Sitz in Kassel, einer Tochter der ehemaligen Gazprom Germania GmbH dem russischen Zugriff entzogen und verwaltet sie über die Sefe Securing Energy for Europe GmbH unter der treuhänderischer Aufsicht der Bundesnetzagentur.

Neben Gazprom ist auch der Ludwigshafener Chemiekonzern BASF der Dumme der aktuellen Entwicklung. Die betroffen Speicher waren vor Jahren von der damaligen BASF-Tochter Wingas gegen eine Beteiligung an Erdgasquellen in Sibirien getauscht worden. Diese Aktion hatte BASF erweiterten Zugang zu preiswertem Gas geboten. Inzwischen wurden die damals eingetauschten sibirischen Quellen abgeschrieben.

Die Abschreibungen schlugen bei der aktuellen Beteiligung Wintershall Dea mit 7,3 Milliarden Euro zu Buche.

Für den deutschen Staat ist die faktische Enteignung von Gazprom Germania und ihrer 50 Tochterunternehmen einschließlich der Speichertochter Astora unter treuhändischer Verwaltung unter dem Namen Sefe offensichtlich überaus kostengünstig, da für sie nur die Betriebskosten anfallen, die mit Krediten über die staatliche Kreditanstalt für Wiederaufbau abgesichert werden.

Wenn Deutschland jedoch auch für den nächsten Winter ähnlich überstürzt einkauft wie im letzten Jahr, ist durchaus damit zu rechnen, dass sich die Preisentwicklung auf dem internationalen LNG-Markt in der Form eines Jojo-Effekts wiederholen wird.

5 Milliarden Verlust aufgrund eiliger Gaseinspeicherung?

Dass der überstürzte LNG-Einkauf im Jahre 2022, der im Auftrag der Bundesregierung über die Trading Hub Europe (THE) erfolgte, in der Hauptsache der öffentlichen Angst vor einer Gasmangellage im Winter 2022/23 geschuldet war, bezweifelt heute niemand mehr.

Wie hoch der deutsche Verlust aufgrund des teuren Einkaufs und des nachfolgenden Wertverlustes ausfällt, wagen derzeit nur Wenige zu beziffern.

Die Seite Businessinsider.de, die über die Axel Springer SE inzwischen zum Einflussbereich des US-Investors KKR zählt, beziffert aktuell den entstandenen Schaden auf fünf Milliarden Euro. Diese Summe muss jetzt wohl von den Endkunden aufgebracht werden. Das scheint der Preis für die Absicherung der Gaslieferungen zu sein.

Ein zusätzlicher Preistreiber für die Gaspreise ist die zusätzliche Stromerzeugung in Gaskraftwerken zur Befriedigung der Stromnachfrage aus Frankreich. Sie musste unbedingt bedient werden, um einen Blackout beim westlichen Nachbarn zu verhindern.

Auf die Abhängigkeit von russischem Gas folgt die Abhängigkeit von amerikanischem und die wird deutlich länger dauern und mehr Geld kosten, als dies für die Lieferungen aus Russland vorgesehen war.

Die in der Not abgeschlossen Gaslieferverträge haben meist eine Laufzeit von über einem Jahrzehnt und sind zum Glück für die Verkäufer auch mit Preisgleitklauseln ausgestattet, die eine Anpassung des Preises bei steigenden Marktpreisen ermöglicht.

Der Vorteil der jetzt abgeschlossenen LNG-Verträge besteht allerdings darin, dass man das Gas weiterverkaufen kann, sollte der Bedarf in Deutschland sinken, weil die Energiewende hierzulande endlich in die Gänge kommt und Deutschland endlich mehr Erfolg mit der Nutzung von Windkraft und Photovoltaik hat.