Klimakonferenz in Bonn: Die Welt sollte sich auf Endzeit-Szenario vorbereiten

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Forscher mahnen nachdrücklich, dass der Klimawandel gestoppt werden müsse. Doch ehrgeizige Ziele sind kaum zu erwarten. Das sind die Gründe.

Vom 5. bis 15. Juni dieses Jahres tagen in Bonn sogenannte Nebenorgane des dort ansässigen Sekretariats der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen. Diesen "Zwischenverhandlungen" der UNO-Weltklimakonferenzen messen Experten große Bedeutung bei, da dort Weichenstellungen für die demnächst anstehende Klimakonferenz erfolgen.

Ende dieses Jahres tagt die Weltklimakonferenz COP 28 in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE), die zu den zehn größten Ölproduzenten der Welt gehören und die klimaschädliche Öl- und Gasproduktion sogar noch ausbauen. Doch damit nicht genug: Leiten soll die Konferenz auch noch der Chef des dortigen staatlichen Ölkonzerns Adnoc, der allein in der zweiten Jahreshälfte 2022 acht neue Bohrinseln in Betrieb genommen hat, Sultan Ahmed al Dschabir.

Mit Hilfe von PR-Agenturen und Beratungsfirmen betreibt der Öl-Lobbyist Greenwashing und inszeniert sich als Verfechter von Investitionen in Erneuerbare Energien. In für die Lebensgrundlagen der Menschheit entscheidenden Jahren soll hier die Weltöffentlichkeit beschwichtigt werden.

Als Ziel der Klimarahmenkonvention gibt das Umweltbundesamt an: "Stabilisierung der Treibhausgaskonzentrationen auf einem Niveau, bei dem eine gefährliche vom Menschen verursachte Störung des Klimasystems verhindert wird. Dies soll in einem Zeitraum geschehen, der es Ökosystemen erlaubt, sich auf natürliche Weise an die Klimaänderungen anzupassen."

Ein internationales Team von Forschenden warnt in den "Proceedings", einer Art Tagungsbericht der US-Akademie der Wissenschaften, in einem Forschungsbericht mit dem Titel "Klima-Endspiel: Erforschung katastrophaler Szenarien des Klimawandels" vor schlimmstmöglichen Folgen der Erderwärmung. Die Welt müsse sich, so die Forschenden, auch auf ein sogenanntes Endzeit-Szenario als Folge eines ungebremsten Klimawandels einstellen.

Anlässlich der Weltklimakonferenz 2022 (COP 27) in Ägypten sagte UN-Generalsekretär Antonio Guterres bereits, die Welt befinde sich auf der Autobahn zur Hölle ("Highway to hell") – mit dem Fuß auf dem Gaspedal.

Klar ist, dass es im begrenzten System Erde kein unbegrenztes Wachstum geben kann. Es darf keine Gewöhnung an immer häufiger auftretende Trockenheits-, Temperatur-, Flut- und Sturmwind-Rekorde geben – weil es sie in manchen Weltregionen auch gar nicht geben kann.

Erdüberlastungstag immer früher im Jahr

Anschaulich wird das, wenn man das gegenwärtige Wachstum des Weltinnenprodukts aller wirtschaftlichen Leistungen der Menschheit bis zum Jahr 2100 verstetigen würde.

Das ist angesichts der Entwicklung des Erdüberlastungstages unmöglich: Dieser ist seit der Jahrtausendwende um rund neun Wochen im Kalender nach vorne gerückt. Das gegenwärtige ökonomische System der Konkurrenz der Konzerne auf der Jagd nach Rendite hat das Ungleichgewicht zwischen den Ressourcen der Erde und ihrem Verbrauch seit der Entdeckung der Grenzen des Wachstums weiter verschärft.

Aus diesem System heraus ist keine Wende in Richtung Nachhaltigkeit zu erwarten. Man muss das große Ganze ändern. Innovative Technologien allein werden aus dieser Dynamik nicht heraushelfen. Die ganze Hilflosigkeit der Umweltpolitik wird auch daran sichtbar, dass nun im Bundestag über härtere Strafen für Klimaaktivisten der "Letzten Generation" debattiert wird, anstatt die ökologische Katastrophe entschieden anzugehen.

Wie berechtigt der Protest dagegen ist, das zeigt sich an den Weltklimakonferenzen selbst: Die COP-27-Konferenz erbrachte keine Verschärfung der Klimaschutzmaßnahmen der Staaten der Welt, sondern lediglich ein paar viel zu geringe Vorvereinbarungen über die Entschädigung der an der Emission von Verbrennungsabgasen relativ wenig beteiligten aber von den Folgen der Erderhitzung besonders betroffenen Staaten der südlichen Hemisphäre.

Die Klimaaktivistin Carla Reemtsma kritisierte, viele Politiker machten es sich zu einfach, wenn sie sagen, sie hätten für Klimaschutz nicht genug Geld. Für die in Bonn vorzubereitende COP 28 stehen die Zeichen nicht besser.

Ein UNO-Dokument des Unterstützungsgremiums für die UNO-Klimapolitik ("Subsidiary Body for Scientific and Technological Advice") formuliert hohe Erwartungen: Etwa seien "eine starke Führung und politisches Engagement erforderlich, um die ehrgeizigen und ausgewogenen Ergebnisse zu erzielen, die erforderlich sind, um die Ziele des Übereinkommens und des Pariser Abkommens zu erreichen". Von einem "transparenten und inklusiven Prozess" ist die Rede, der sich an den Grundsätzen und Bestimmungen des Pariser Abkommens orientiert. Gemeint sind insbesondere "die Grundsätze der Gerechtigkeit und der gemeinsamen, aber differenzierten Verantwortlichkeiten und der jeweiligen Fähigkeiten".

Das heißt im Klartext, dass reiche, hoch entwickelte Länder, die historisch zu den größten Verursachern klimaschädlicher Emissionen beigetragen haben, besonders in der Pflicht stehen, die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens von 2015 zu erreichen – eine Begrenzung der menschengemachten Erderwärmung auf 1,5 oder zumindest unter zwei Grad.

"Wir appellieren daher an alle Vertragsparteien, mit offenem Geist und konstruktiver Einstellung zu unseren vorbereitenden Sitzungen in Bonn zu kommen", heißt es in dem Dokument.

Als Orientierungsgrundlage steht weiter im Text, die Vertragsparteien seien aufgefordert, "die größeren Zusammenhänge zu sehen, während der Verhandlungen das Gesamtbild der Klimaherausforderung im Auge zu behalten. Dabei verstricken wir uns bisweilen in Details. Nicht, dass dies unwichtig wäre. Aber es sollte das, was dringend ist, weder behindern noch wesentlich verzögern."

Genau diese Gefahr ist zu groß, und sie gefährdet die Zivilisation innerhalb der Lebenszeit heute lebender Menschen existenziell, wie auch die Wissenschaftsstudie der US-Akademie der Wissenschaften gezeigt hat.