Wieso die US-Regierung mit dem TikTok-Verbot scheitern könnte

(Bild: XanderSt / Shutterstock.com)

Die Kurzvideo-App wehrt sich gegen das drohende Verbot in den USA. Wieder werden Nutzer zu Protest aufgerufen. Warum ein Verbot nicht leicht durchzusetzen ist.

Die Kampagne in den USA gegen die populäre Kurzvideo-App TikTok geht in die Endphase. Nun muss sich der US-Senat mit dem von Präsident Joe Biden unterstützten Gesetzesentwurf befassen.

TikTok vor Verbot in den USA

TikTok hatte kürzlich für Aufsehen gesorgt, als es seine 170 Millionen Nutzer in den USA aufforderte, sich vor der Abstimmung im Kongress direkt an die Abgeordneten zu wenden. In vielen Büros waren anschließend die Telefone überlastet und mussten abgeschaltet werden.

Am Abstimmungsverhalten änderte die Aktion nicht viel: Die Mehrheit der Abgeordneten stimmte dafür. Jetzt muss der US-Senat entscheiden – und auch hier ruft TikTok seine Nutzer auf, die Senatoren zu drängen, gegen das Gesetz zu stimmen.

Nutzer mobilisieren gegen das Verbot

"Sagen Sie Ihrem Senator, wie wichtig Ihnen TikTok ist. Bitten Sie ihn, gegen das TikTok-Verbot zu stimmen", hieß es laut Reuters in der Nachricht, in der Nutzer ihre Postleitzahl eingeben konnten, um die Telefonnummer ihres Senators zu finden.

"Wenn der Senat jetzt abstimmt, könnte die Zukunft der Kreativität und der Communitys, die Sie auf TikTok lieben, zum Stillstand kommen", hieß es in der Mitteilung.

TikTok wird von der chinesischen Firma ByteDance betrieben. Sollte das Gesetz vom US-Senat verabschiedet werden, stünde das Unternehmen vor der Wahl, TikTok in den USA zu verkaufen oder verboten zu werden. ByteDance hätte sechs Monate Zeit, einen nicht-chinesischen Käufer zu finden.

ByteDance wehrt sich gegen Verkauf

ByteDance hat jedoch bereits deutlich gemacht, dass es einen erzwungenen Verkauf nicht befürwortet. Es ist daher wahrscheinlich, dass das Unternehmen eine dritte Option wählt, die auf eine Kraftprobe hinausläuft: Es könnte das Gesetz gerichtlich überprüfen lassen.

Ein möglicher Rechtsstreit könnte mehrere rechtliche Fragen aufwerfen. Im Wesentlichen müssten die Richter die nationalen Sicherheitsziele des Verbots gegen die Rechte von TikTok und seinen Nutzern nach dem ersten Verfassungszusatz abwägen.

Ein beispielloser Angriff auf Internetplattformen

Die USA beschränken seit Langem den ausländischen Besitz von Radio- und Fernsehsendern, schreibt das Wall Street Journal (WSJ). Aber noch nie hat der Kongress derart drastische Maßnahmen gegen eine Internetplattform ergriffen, die von Millionen Amerikanern zur Kommunikation genutzt wird.

Verfassungsrechtliche Bedenken gegen das TikTok-Verbot

Obwohl das Gesetz keine Zwangsmaßnahmen gegen US-Bürger erlaubt, die versuchen, die App weiterhin zu nutzen, haben Richter in früheren TikTok-Verfahren anerkannt, dass die Fans der App ein verfassungsmäßiges Recht auf freie Meinungsäußerung haben, wenn sie Inhalte posten und konsumieren, die durch die Schließung der App beeinträchtigt würden.

Das bedeutet, dass die Regierung bei der rechtlichen Verteidigung des Verbots mehr tun muss, als nur zu zeigen, dass das Gesetz den Interessen der USA dient, um unzulässige chinesische Einflussnahme oder den Zugang zu amerikanischen Daten zu verhindern.

Um das Verbot der freien Meinungsäußerung aufrechtzuerhalten, wird die Regierung wahrscheinlich beweisen müssen, dass weniger drastische Maßnahmen nicht funktionieren würden. "Es wird wirklich darauf ankommen, wie die Regierung die Gründe für das Gesetz erklärt", sagte David Greene, ein Anwalt der gemeinnützigen Electronic Frontier Foundation, die das Verbot ablehnt, laut WSJ.

ByteDance: Erfolge und Unklarheiten vor Gericht

ByteDance hatte in der Vergangenheit einige Erfolge vor Gericht, aber nicht immer waren es Bedenken bezüglich des ersten Verfassungszusatzes, die die Richter auf die Seite des Unternehmens brachten. Fragen der freien Meinungsäußerung bleiben daher ungeklärt.

Dass TikTok schon vor Jahren auf Bedenken reagiert hat, dürfte der US-Regierung nicht gefallen. Bereits unter dem ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump hatten US-Beamte argumentiert, dass TikTok Nutzerdaten an Peking weitergeben könnte.

TikTok und der Datenschutz

ByteDance bestritt dies vehement. Um solche Bedenken zu zerstreuen, ging das Unternehmen eine Kooperation mit Oracle ein. Seit 2020 werden die Daten amerikanischer Nutzer in der Cloud-Infrastruktur des US-Unternehmens gehostet.

Ist ByteDance ein chinesisches Unternehmen?

Das Unternehmen bestreitet auch, ein chinesisches Unternehmen zu sein. Es verweist auf die Investorenstruktur. Rund 60 Prozent von ByteDance gehören globalen institutionellen Investoren wie der Carlyle Group, General Atlantic und der Susquehanna International Group. Knapp 20 Prozent werden von Mitarbeitern gehalten, der Rest gehört dem Firmengründer Zhang Yiming, der die operative Führung des Unternehmens allerdings schon vor Jahren abgegeben hat.

Grund zum Misstrauen gibt es dennoch, denn die Kommunistische Partei Chinas hat – wie bei den meisten chinesischen Großunternehmen – auch bei ByteDance eine Parteifiliale eröffnet. Das war 2014, berichtet Reuters. Zudem hat die chinesische Regierung 2019 einen Anteil von einem Prozent an der lokalen Tochter Beijing ByteDance Technology erworben. Dies sichert der Regierung einen Sitz im Aufsichtsrat der Tochtergesellschaft.

Ein Verbot rechtfertigen: Keine leichte Aufgabe

Das Unbehagen, das in Washington bei dieser Verbindung aufkommen kann, reicht allein nicht, um ein Verbot zu rechtfertigen. In dem Fall um die chinesische App WeChat hatte die US-Regierung ebenfalls vor Gericht den Kürzeren gezogen.

Ein Richter in Kalifornien blockierte damals dieses Verbot mit der Begründung, es sei nicht klar, warum weniger restriktive Alternativen, wie z. B. das Verbot von WeChat auf Geräten der Regierung, den Sicherheitsbedenken der USA nicht gerecht würden.

Vor demselben Problem steht die US-Regierung jetzt erneut. Sie muss nachweisen, dass es kein milderes Mittel als das Verbot gibt – und das dürfte schwierig werden.

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