Trinkgeld für gute Spiele? Ehemaliger Blizzard-Chef tritt Debatte los

Der ehemalige Blizzard-Chef Mike Ybarra würde für gute Games gerne mehr zahlen – und schlägt ein Trinkgeld für Spieleentwickler vor. Das stößt auf Ablehnung.

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Screenshot aus "Baldur's Gate 3"

Spiele wie "Baldur's Gate 3" findet der ehemalige Blizzard-Präsident Mike Ybarra so gut, dass er gerne Trinkgeld geben würde.

(Bild: Larian Studios)

Lesezeit: 3 Min.

Mehr Geld für gute Einzelspieler-Games? Der frühere Blizzard-Chef Mike Ybarra würde den Entwicklern von "God of War", "Baldur's Gate 3" oder "Elden Ring" gerne ein Trinkgeld zukommen lassen. "Ich habe oft gedacht: 'Ich wünschte, ich könnte diesen Leuten noch 10 oder 20 Dollar geben, weil es mehr wert war als meine anfänglichen 70 Dollar und sie nicht versucht haben, mich jede Sekunde abzuzocken'", schreibt Ybarra in einem X-Post, der für Aufsehen in der Branche sorgt.

Ybarra meint es offenkundig gut: Singleplayer-Spiele gelten als weitaus weniger lukrativ als Online- und Live-Service-Spiele, die wiederkehrende Einnahmen durch sogenannte Mikrotransaktionen generieren. Aufwendige Einzelspieler-Produktionen sind daher eine Seltenheit – auch, weil der Spielerschaft höhere Kaufpreise als die von Ybarra genannten 70 oder 80 US-Dollar kaum zu vermitteln sind. Die Branche sucht daher nach alternativen Einnahmequellen.

"Ich weiß, dass 70 Dollar schon viel sind, aber Trinkgeld ist eine Option am Ende des Spiels, die ich manchmal gerne hätte. Manche Spiele sind so besonders", schreibt Ybarra in seinem Post weiter. Und: Er wisse auch, dass den meisten Leuten diese Idee sehr missfallen würde.

Tatsächlich erntet sein Vorschlag in der Gamer-Community vor allem Spott. Ein ehemaliger Blizzard-Präsident habe offenbar andere Vorstellung von Geld als der durchschnittliche Spieler, lautet ein häufiger Vorwurf. Zudem äußern viele Zweifel, ob das Geld überhaupt bei den Entwicklern ankommen würde.

Im Kern läuft die Diskussion auf eine zuletzt häufiger debattierte Frage hinaus: Sind Videospiele nicht ohnehin schon zu teuer – oder doch eher zu billig? Die Entwicklungskosten für Videospiele sind in den vergangenen Jahren nach oben geschnellt. Mit steigenden technischen Ansprüchen wächst auch der Produktionsaufwand für moderne Videospiele. Entwicklungszeiten von fünf Jahren oder mehr sind im Blockbuster-Bereich keine Ausnahme mehr. Die Entwicklung von Großproduktionen kann mehrere hundert Millionen Dollar verschlingen.

Diesen höheren Kosten wirkt die Branche mit höheren Preisen entgegen. Sony hat zum Launch der Playstation 5 etwa die Preise für seine Blockbuster-Spiele auf von 70 auf 80 Euro angehoben. Im Gespräch mit dem Telegraph bezeichnete der damalige Playstation-Chef Jim Ryan die neuen Preise damals als "fair" – nicht nur aufgrund der hohen Produktionskosten, sondern auch wegen der langfristigen Unterhaltung, die Videospiele im Vergleich zu anderen Medien böten. Zuvor waren die Spielepreise über ein Jahrzehnt lang stabil, obwohl die Entwicklungskosten bereits kräftig gestiegen waren.

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Als früherer Präsident von Blizzard kennt Ybarra die finanziellen Realitäten der Spieleentwicklung. Er weiß auch, dass Spiele wie das von seinem Ex-Arbeitgeber entwickelte "Diablo 4" wegen Mikrotransaktionen regelmäßig durch den Dreck gezogen werden. Mit seinem Trinkgeld-Gedankenexperiment sucht er eine Alternativlösung für Einzelspieler-Titel, die den Mikrotransaktionen abschwören – die Reaktionen der Community zeigen aber deutlich, dass auch dieser Weg nicht populär wäre.

Mike Ybarra war jahrelang Präsident bei Blizzard und kurzzeitig nach der Übernahme auch bei Microsoft angestellt. Im Rahmen der im Januar angekündigten Stellenstreichungen bei Blizzard hat er das Unternehmen verlassen. Neben Microsoft mussten auch Sony, Epic Games und zahlreiche weitere Spielestudios zuletzt Angestellte wegen wirtschaftlichen Drucks entlassen.

(dahe)