Analyse: Große Autokonzerne verdienten 2023 prächtig​

Fast alle großen Autohersteller haben im vergangenen Jahr Umsatz und Gewinn steigern können. Doch es zeichnet sich für sie perspektivisch ein Problem ab.​

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Autohaus

(Bild: Hyundai)

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Das vergangene Jahr war für die größten Autohersteller der Welt finanziell ein sehr gutes. Rekorde bei Umsatz und auch Gewinn konnten verbucht werden. Im Schlussquartal 2023 gab es in der Branche aber erste Anzeichen dafür, dass es so nicht weitergehen wird, wie die aus der Untersuchung der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft EY hervorgeht. Die Branche stehe zudem vor einer schwierigen Zeit, denn der Wandel bei der Antriebsenergie, in die nahezu alle Hersteller in den vergangenen Jahren kräftig investiert haben, werde von der Kundschaft bislang mehrheitlich nicht mitgetragen.

Dank hoher Neuwagenpreise und einem Absatzplus von sieben Prozent fuhren die Konzerne demnach einen Gesamtumsatz von gut zwei Billionen Euro ein. Das entspricht einem Plus von 13,7 Prozent gegenüber dem Jahr 2022. Der Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) kletterte um gut 15 Prozent und erreichte rund 176 Milliarden Euro. Ein wichtiger Grund für die Zuwächse war ein Sondereffekt. Der schwache Yen verhalf japanischen Autokonzernen zu einem Gewinnplus von rund zwei Dritteln und einem Umsatzwachstum von 22 Prozent. Weniger dynamisch ging es beim Rest zu: Die deutschen Hersteller verzeichneten zusammen ein Gewinnwachstum von sieben Prozent, bei den US-Konzerne rutschte der Ertrag dagegen um fast 30 Prozent ab.

Die Profitabilität stieg leicht: Die durchschnittliche Ebit-Marge, die den operativen Gewinn ins Verhältnis zum Umsatz setzt, lag bei 8,6 Prozent. Sie bleibe damit das dritte Jahr in Folge auf dem Niveau von mehr als acht Prozent. Zum Vergleich: In den fünf Jahren vor Ausbruch der Corona-Pandemie hatte die Gewinnmarge bei durchschnittlich 5,5 Prozent gelegen. Mit 12,8 Prozent profitabelster Autokonzern war im vergangenen Jahr Mercedes-Benz. Die Stuttgarter führen demnach die Rangliste vor Stellantis (12,1 Prozent) und BMW (11,9 Prozent) an. Im Gegensatz zum Zweit- und Drittplatzierten sank die Marge von Mercedes-Benz im Vorjahresvergleich aber. Den stärksten Rückgang 2023 verzeichnete jedoch Tesla: Die Marge sank im Vergleich zum Vorjahr von 16,8 auf 9,2 Prozent, womit sich das Unternehmen im Mittelfeld platzierte. Der Volkswagen-Konzern landete auf dem zehnten Platz. Schlusslicht war Ford.

Im vierten Quartal 2023 trübte sich das Bild im Vergleich zum ganzen Jahr aber ein: Der Umsatz stieg unterdurchschnittlich um neun Prozent, der Gewinn schrumpfte um fünf Prozent. "Im vergangenen Jahr konnte die Branche noch von hohen Neuwagenpreisen und der wiederhergestellten Lieferfähigkeit profitieren. Allerdings wurden auch die Probleme, vor denen die Branche steht, immer deutlicher", meint EY-Marktbeobachter Constantin Gall.

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Als ein Problem der Branche machte er die schwächelnde Konjunktur aus. Der Absatz von Neuwagen liegt demnach weit unter dem Vor-Corona-Niveau. Im vergangenen Jahr haben die Hersteller etwa 66 Millionen Autos verkauft, im Jahr 2019 waren es knapp 76 Millionen Fahrzeuge. Die Folge: "Überkapazitäten sind aktuell ein echtes Problem für die Hersteller, aber auch für die Zulieferer. Von einer Konjunkturaufhellung, die zu einem echten Nachfrageschub führen könnte, ist derzeit nichts zu sehen", argumentiert Gall.

Auch der stockende Hochlauf der E-Mobilität belaste das Geschäft: "Im Vertrauen auf einen rasanten Anstieg der Nachfrage nach Elektroautos wurden Milliardeninvestitionen getätigt, und nun wachsen die Zweifel – in der Politik, in der Branche und bei den Kunden", sagte Gall. Die aktuellen Milliardengewinne seien fast ausschließlich Auto mit Verbrennungsmotor zu verdanken. Bis die Branche mit Elektroautos echtes Geld verdiene, werde es noch lange dauern.

Darüber hinaus stocke der Absatz in China: Bis auf Volkswagen und BMW haben demnach alle der insgesamt 16 untersuchten Herstellern 2023 weniger Autos auf dem chinesischen Markt verkauft. Im Durchschnitt schrumpfte der Absatz dort um 5,4 Prozent. Chinesische Hersteller griffen auch zunehmend die etablierten Autokonzerne auf ihren Heimatmärkten an, sagte Gall. Diese Herausforderung werde in den kommenden Jahren noch größer werden. Für Verbraucher könnte etwa die Überkapazitäten in der Branche auch zum Vorteil werden: Immer mehr Hersteller versuchen EY zufolge, Kunden mit Preissenkungen, günstigen Finanzierungsangeboten und Sondermodellen zurück in die Autohäuser zu locken. "Der Wettbewerb wird wieder stark über den Preis ausgetragen", sagte Gall.

(mfz)