Prime Video, Disney+ und Netflix: Werbefreies Streamen wird zum teuren Luxus

In den USA ist es schon passiert, in Deutschland steht es kurz bevor: Prime Video zeigt Werbeunterbrechungen. Salonfähig ist das dank Netflix und Disney.

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(Bild: BigTunaOnline/shutterstock.com)

Lesezeit: 4 Min.

Werbefreies Streamen wird teurer: Seit dem 29. Januar muss man bei Amazons Prime Video draufzahlen, wenn man Filme und Serien ohne Werbeunterbrechungen sehen möchte. In Deutschland wird ab dem 5. Februar umgestellt. Damit folgt Amazon der Idee der Konkurrenten Netflix und Disney, die das Streamen mit Werbung in den vergangenen Monaten salonfähig gemacht haben.

Jahrelang gehörte Werbefreiheit zu den wichtigsten Vorteilen der Streaming-Dienste im Duell mit dem linearen Fernsehen. Doch mit seinem vergünstigten Werbeabo hat Netflix gezeigt, dass Werbeunterbrechungen auch im digitalen Zeitalter noch funktionieren. In den Märkten, in denen das Werbeabo verfügbar ist, entscheiden sich laut Netflix mittlerweile 40 Prozent der neuen Nutzer dafür.

Bei Disney+ wählen sogar 50 Prozent der neu angemeldeten User das Abo mit Werbeeinblendungen. Weltweit hat das Netflix-Werbeabo schon 23 Millionen Nutzer, bei Disney+ sind es über 5 Millionen. Das zeigt, dass viele für Einsparungen bereit sind, sich Werbeclips anzuschauen – und man damit auch Leute erreicht, denen ein Streaming-Dienst vorher einfach zu teuer war.

Werbung lohnt sich für die Streaming-Dienste gleich doppelt, weil sie mit Kunden im Werbeabo mehr Geld machen können als mit Nutzern der werbefreien Stufen. Kein Wunder also, dass Netflix seine Abonnenten lieber im Werbeabo statt in den klassischen Optionen halten möchte – und dafür sogar so weit geht, Kunden aus ihren bisherigen Abonnements zu werfen.

Amazon dürfte mit seinen Werbeanzeigen das gleiche Ziel wie Netflix und Disney verfolgen. "Das erlaubt es uns, weiterhin in Top-Entertainment und Live-Sportinhalte zu investieren und diese Investition langfristig zu erhöhen", schreibt das Unternehmen in einer Mail an Kunden. Es winken zusätzliche Einnahmen.

Doch das Vorgehen unterscheidet sich von den Konkurrenten: Während Netflix und Disney das Werbeabonnement als zusätzliche, günstigere Option umgesetzt haben, stellt Amazon sein Prime-Abo schlicht um – ohne Preiserlass, ohne Entschädigung. Wer nichts ändert, sieht künftig Clips. Dadurch dürfen sich Werbekunden auf ein besonders großes Publikum für ihre Spots freuen. Eine interne Amazon-Präsentation, die dem Wall Street Journal vorliegt, geht von weltweit 159 Millionen Zuschauern aus.

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Wer Prime Video ohne Werbeunterbrechungen gucken möchte, muss stattdessen draufzahlen: 3 Euro pro Monat will Amazon dafür, zusätzlich zu den 9 Euro monatlich oder 90 Euro jährlich, die für das Prime-Abo ohnehin kostet. Den Preis für sein Abonnement, das neben Streaming auch Gratis-Lieferungen beim Online-Händler umfasst, hatte Amazon 2022 zum ersten Mal angehoben. Die werbefreie Option ist aktuell nur monatlich zubuchbar. Sie verlängert sich automatisch und kann jederzeit gekündigt werden.

Drei Euro Preisunterschied zwischen Werbe-Abo und werbefreier Option entspricht etwa den Preisen bei Disney+: Disney will 6 Euro monatlich für seinen Tarif "Standard mit Werbung", die erste Option ohne Werbung kostet 9 Euro. Auch bei Netflix lag der Preisunterschied zwischen Werbe-Abo und Basistarif bei 3 Euro – seit dieser Tarif aber eingestampft wurde, müssen Kunden für werbefreies Streamen sogar 8 Euro draufschlagen.

"Unser Ziel ist es, deutlich weniger Werbung zu zeigen als traditionelle Fernsehsender und andere Video-Streaminganbieter", schreibt Amazon in seiner Kunden-Mail. Aus der internen Amazon-Präsentation geht laut Wall Street Journal hervor, dass zwei bis dreieinhalb Minuten Werbung pro Stunde gezeigt werden sollen. Das ist etwas weniger als bei den Werbeabonnements von Netflix und Disney, wo in einer Stunde bis zu 4 Minuten Werbung eingeplant sind. Wie sich die Werbeanzeigen bei Amazon in der Praxis darstellen, bleibt abzuwarten.

Komplett werbefrei ist Prime Video auch dann nicht, wenn man monatlich 3 Euro draufzahlt: Live-Inhalte wie beispielsweise Fußballübertragungen werden weiterhin Werbung enthalten, schreibt Amazon. Amazons zweiter Streaming-Dienst Freevee, der seit 2022 auch in Deutschland verfügbar ist, zeigt ebenfalls weiterhin Werbeunterbrechungen.

Mit Prime Video, Netflix und Disney+ haben bald die drei meistgenutzten Streaming-Dienste in Deutschland eine Streaming-Option mit Werbeunterbrechungen. Das ist auch hierzulande kleineren Diensten ein Vorbild: Noch in diesem Jahr will auch Paramount+ eine Abo-Option mit Werbung in Deutschland umsetzen.

(dahe)