Die Hohenzollern als Flak-Helfer?

Pappschild Pressefreiheit

Foto: Stefanie Eisenschenk, CC BY 2.0

Juristische Angriffe auf Medien und Forschung können dazu dienen, Kritik zu unterdrücken. Motto: Das wird man ja wohl noch verbieten dürfen. Was aber hat der deutsche Hochadel damit zu tun?

Eine Studie der Universität Leipzig, veröffentlicht in der Fachzeitschrift "Publizistik", untersucht am Beispiel der deutschen Adelsfamilie Hohenzollern, wie kritische Berichterstattung und Forschung durch gezielte juristische Eingriffe beeinflusst oder behindert werden können.

Wissenschaffende um Uwe Krüger analysierten Aspekte von SLAPPs (Strategic Lawsuits Against Public Participation, zu dt. etwa: Strategische Klagen gegen öffentliche Beteiligung) aus Sichten von Betroffenen. Sowohl in Journalismus als auch Wissenschaft, den beiden sozialen Feldern, die sich mit Objektivierung und Wahrheitssuche befassen, sind Folgen wie Verunsicherungen und Einschränkungen der Arbeitsfähigkeit zu beobachten.

Darauf hat jüngst auch die Onlinezeitschrift Menschen Machen Medien der Verdi-Gewerkschaft "dju" (Deutsche Journalist*innen-Union) hingewiesen. Die Hohenzollern und der Prinz von Preußen als "Flak"-Helfer?

Konsens produzieren

Um die Frage zu beantworten, warum vielerorts die Korridore der Themen, Quellen und Meinungen in etablierten Medien als (zu) eng und in der Tendenz noch enger werdend empfunden werden, können kritische Modelle wie jenes von Noam Chomsky und Edward Herman über die systematische Herstellung von "Konsens" in kapitalistisch-demokratischen Gesellschaften (Manufacturing Consent) hilfreich sein.

Auch wenn man z.B. den grundsätzlichen Manipulationsvorwurf der beiden nicht teilen muss, demzufolge die meisten Menschen gegen ihren Willen von Mächtigen in bestimmte Richtungen gelenkt würden, bleiben die "fünf Filter der Propaganda" erstaunlich erklärungskräftig.

Als "Filter" bestimmen die beiden Autoren wichtige Einfluss-Faktoren darauf, was vor allem Leitmedien als Inhalte ihrer journalistischen Angebote auswählen – und was (nämlich das Allermeiste) eben nicht. Diese Faktoren sind

Im Kontext der Hohenzollern-Studie der Uni Leipzig scheint der vierte Filter besonders wichtig: Denn "Flak" bezieht sich auf angreifendes Agieren mächtiger Instanzen gegen (womöglich geplante) kritische Beiträge. Solche Attacken können nicht zuletzt Vorgriffe sein, um unerwünschte Themen oder Sichtweisen auf Themen zu verhindern – wenigstens jedoch zu behindern.

Fünf Filter

Diese "Flak" kann in Form von Anrufen, Klagen, Beschwerden, Drohungen oder auch Strafaktionen erfolgen. Sie kann laut Chomsky und Herman zentral oder lokal organisiert werden oder auch aus völlig unabhängigen Aktionen von Einzelpersonen bestehen.

Wenn solche "Flak" in großem Umfang von Einzelpersonen oder Gruppen mit beträchtlichen Ressourcen erzeugt wird, kann sie für die Medien sowohl unangenehm als auch kostspielig sein. Positionen müssten dann innerhalb und außerhalb der Organisation verteidigt werden, manchmal vor Gesetzgebern und möglicherweise sogar vor Gericht.

Werbetreibende (Filter 2) könnten sich zurückziehen. Wenn bestimmte Arten von Fakten, Positionen oder Beiträgen geeignet erscheinen, machtvolle Kritik hervorzurufen, könne diese Aussicht auf solche "Flak" abschreckend wirken.

Die Interessen privater Macht durchsetzen

Die Fähigkeit, "Flak" zu produzieren, insbesondere teure und bedrohliche, ist Chomsky und Herman zufolge mit Macht verbunden. Der entsprechende Beschuss durch die Mächtigen könne direkt oder indirekt sein. Insgesamt bestehe mit solchen Angriffen die Tendenz, die Interessen privater Macht bei der Eindämmung möglichst jeglicher Abweichung in wichtigen Medien durchzusetzen.

Nun zur aktuellen Studie mit Schwerpunkt-Blick auf das deutsche Adelsgeschlecht der "Hohenzollern": Die grundgesetzlich garantierte weitgehende Medien- und Wissenschaftsfreiheit hierzulande darf als Grundlage gelten, damit Medienschaffende im Journalismus kritische Beiträge veröffentlichen und Wissenschaffende möglichst ungehindert forschen können.

Die Studie von Krüger & Co. untersucht an einem Fallbeispiel, inwiefern Berichterstattung und Forschung durch juristische Anwaltsstrategien beeinflusst, behindert oder sogar beendet werden können. Vor dem theoretischen Hintergrund der Konzepte Agenda Cutting (zu dt. etwa Agenden beschneiden) und Strategic Lawsuits Against Public Participation (SLAPPs) wird diese Fragestellung am Beispiel der deutschen Adelsfamilie der Hohenzollern untersucht, die in den vergangenen Jahren laut Studie massiv juristisch gegen Medienschaffende und Wissenschaffende vorgegangen ist.

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