Wie Russland Sanktionen umgeht und wie der Westen dem Einhalt gebieten könnte

Container angekettet

Der russische Rüstungssektor bezieht immer noch Bauteile von westlichen Firmen. Über Umwege gelangen sie nach Russland. Wie das abgestellt werden könnte.

Russland nutzt sämtliche Sanktionsschlupflöcher. Ein Forschungsteam des Brüsseler Thinktank Bruegel und der Kiewer Wirtschaftshochschule KSE empfahl jüngst in einem Fachbeitrag, was dagegen zu tun ist.

Im Jahr 2023 importierte Russland demnach Waren im Wert von 12,5 Milliarden US-Dollar, die nach Einschätzung der Europäischen Union, der Vereinigten Staaten und ihrer Partner für den Kriegseinsatz in der Ukraine von besonderer Bedeutung sind. Dazu gehörten Mikroelektronik, Kommunikationsgeräte und Maschinen zur Waffenproduktion.

Dabei zahlte Russland offenbar erhebliche Aufschläge, um über komplexe Umgehungsnetzwerke an exportkontrollierte Waren zu kommen. Das Niveau dieser Warenimporte sei im Wesentlichen wieder auf das Niveau vor der Invasion in der Ukraine im Februar 2022 gestiegen.

Ukrainische Behörden stellten fest, dass sie die gleichen westlichen Komponenten in russischen Waffen wie vor zwei Jahren gefunden hätten. Mehr als 90 Prozent aller ausländischen Komponenten, die in militärischer Ausrüstung entdeckt wurden, stammten von westlichen Herstellern.

Veränderte Lieferketten machen es möglich

Als Grund dafür führt eine Studie von der internationalen Yermak-McFaul-Arbeitsgruppe zu russischen Sanktionen und der Kiewer Wirtschaftshochschule die Veränderung für Kriegsgüter und kritische Komponenten im Zug von Sanktionen und Kontrollen an.

Zwischenhändler in Drittländern wie China, Türkei und den Vereinigten Arabischen Emiraten seien für den überwiegenden Teil der Exporte nach Russland verantwortlich.

Ebenso Russland importiere einen großen Teil der Waren und Komponenten zur Kriegsführung weiter von Unternehmen, die ihren Hauptsitz in Ländern haben, die umfassenden Exportkontrollen unterliegen.

In der Studie sind mehr als 250 Unternehmen aufgelistet. Darunter finden sich sowohl große multinationale Technologieunternehmen wie AMD, Hewlett Packard, Intel Corporation und Texas Instruments mit Sitz in den USA als auch Hitachi aus Japan, die deutsche Infineon Technologies, Hollands NXP Semiconductors, Samsung aus Südkorea und STMicroelectronics in der Schweiz.

Hersteller mit Hauptsitz in Koalitionsländern waren im Januar-Oktober 2023 laut Studie für mindestens 43,9 Prozent der Kriegsgüter und 32,8 Prozent der kritischen Komponenten verantwortlich.

Das bedeutet, dass Russland hier keine alternativen Lieferanten finden konnte und Sanktionen ein potenziell wirksames Instrument sein könnten. Exportkontrollen seien jedoch mit erheblichen Herausforderungen bei der Durchsetzung konfrontiert.

Exportkontrollen wie bei Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung

Um Sanktionsschlupflöcher zu stopfen, empfiehlt die Expertengruppe von Bruegel und KSE daher, dass westliche Politiker Finanzinstitute die Aufgabe übertragen sollten, den Handel mit exportkontrollierten Gütern zu überwachen und illegale Transaktionen zu verhindern.

Jeder Export einer eingeschränkten Ware durch ein westliches Unternehmen beinhalte eine Finanztransaktion mit dem westlichen Finanzsystem.

Das stehe vor ähnlichen Herausforderungen wie die Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Undurchsichtige Eigentumsstrukturen, häufige institutionelle Veränderungen, Abhängigkeit von weniger strengen Gerichtsbarkeiten für die Einrichtung von Umgehungsprogrammen und oft hoch fungible Güter erschwerten das Aufdecken und Ahnden solcher Vergehen.

Aufgrund des regulatorischen Rahmens, der in den vergangenen zwei Jahrzehnten in diesen Bereichen geschaffen wurde, hätten Finanzinstitute eine interne Compliance-Architektur aufgebaut, um solche Systeme zu erkennen.

Verstöße gegen Sanktionen ahnden

Unternehmen müssten dazu Anreize erhalten, ordnungsgemäße Due-Diligence-Verfahren (Sorgfaltsprüfungen) einzuführen, um die Einhaltung der Exportkontrollen sicherzustellen. Hier sollten sie auf den Erfahrungen der Banken zur Risikokalkulation aufbauen, die dem Prinzip unterliegt, dass potenzielle finanzielle Strafen die Kosten überwiegen.

Um an diesen Punkt zu gelangen, müssten Behörden allerdings fähig und bereit sein, Verstöße zu untersuchen und erhebliche Geldstrafen zu verhängen. "Bei Hightech-Unternehmen, die Dual-Use-Güter exportieren, ist dies bisher einfach nicht geschehen", ist im Bruegel-Fachbeitrag nachzulesen.

Durch die Zunahme der Entdeckungswahrscheinlichkeit und hohe Kosten, die die Nichteinhaltung mit sich bringt, wäre gewährleistet, dass Unternehmen ihre Vertriebsnetze überwachen.

Dies richte sich an Unternehmen, die ihre Exporte nach Zentralasien innerhalb eines Jahres nach Einführung der Exportbeschränkungen gegen Russland verdreifacht haben.

Sie müssten sich strengeren Anforderungen stellen, solche Exporte zu überwachen und sie zu unterlassen, wenn der letztendliche Nutznießer des Exports nicht bekannt und aller Wahrscheinlichkeit nach Russland ist.