c't 3/2022
S. 40
Aktuell
Prozessoren

Bit-Rauschen

Trübere Aussichten für AMD, Intel attackiert Apple M1, russischer ARM

Die AMD-Mobilprozessoren der Serie Ryzen 6000U/H rechnen kaum schneller als ihre Vorgänger. Intels Core i9-12900HK soll hingegen sogar den Apple M1 Max überholen. Im Baikal S1000 sitzen 48 ARM-Kerne.

Von Christof Windeck

Für AMD trübt sich die Aussicht, jedenfalls bei Prozessoren für Notebooks und Desktop-PCs. Denn die neuen AMD-Mobilprozessoren der Baureihen Ryzen 6000U/H bringen zwar dank RDNA2-GPU deutlich mehr 3D-Performance, aber kaum mehr CPU-Rechenleistung, siehe Seite 52. Unterdessen hofft Intel, dass der mobile Core i9-12900HK (Alder Lake) sogar am Apple M1 Max vorbeizieht. Nvidia wiederum präsentiert Benchmarks, die GeForce-RTX-Mobilgrafikchips deutlich vor der M1-Max-GPU zeigen.

Die russische Firma Baikal Electronics packt 48 ARM-Kerne vom Typ Neoverse N1 in den Serverprozessor BE-S1000.
Bild: Baikal Electronics

Intel bringt zunächst die „dicken“ H-Versionen des Core i-12000. Erst später folgen die viel weiter verbreiteten, billigeren und sparsameren „U“-Typen. Doch auch den AMD Ryzen 6000U gibt es nur mit sechs oder acht Kernen. Billigere Quad-Cores liefert AMD nur als aufgefrischte Ryzen 5000U. Der im Ryzen 6000U eingebaute Microsoft-Controller „Pluton“ mit Sicherheitsfunktionen für Windows 11 dürfte nicht jedem Käufer gefallen.

Die Vorstellung des ersten Desktop-Ryzens mit aufgestapelter L3-Cache-Vergrößerung enttäuschte etwas. Eigentlich hatte man schon Ende 2021 einen Zwölfkerner mit 192 MByte L3-Cache erwartet. Nun ist bloß der Achtkerner Ryzen 7 5800X3D mit 96 MByte L3-Cache angekündigt, und zwar erst „für den Frühling“. Er soll in PC-Spielen aber immerhin seinen zwölfkernigen Bruder Ryzen 9 5900X schlagen sowie sogar den Core i9-12900K. Intel sah sich genötigt, den Core i9-12900KS mit 5,5-GHz-Turbo nachzuschieben – im Frühling.

Auch Intel hadert mit Problemen. So tauchen nun zwar mehr DDR5-Speicherriegel im Einzelhandel auf, aber zu Mondpreisen. Möglicherweise kommen Adapter, um vorhandene DDR4-Speicherriegel auf DDR5-Boards zu nutzen – derlei gab es vor 18 Jahren schon für DDR-RAM auf DDR2-Boards.

AMD hat auf der CES die Spekulation bestätigt, im Herbst mit Zen-4-Ryzens auf eine LGA-Fassung mit 1718 Kontaktfedern statt CPU-Kontaktstiften zu wechseln. Außer DDR5-RAM will man wie Intel auch PCIe 5.0 anbinden. Der Ryzen 7000 „Raphael“ tritt dann aber wohl schon gegen den Core i-13000 „Raptor Lake“ an.

Spätere Fab-Verkündigung

Intel wollte eigentlich schon 2021 verraten, wo die neuen europäischen Fabs gebaut werden sollen, in die über mehrere Jahre mehr als 80 Milliarden Euro fließen könnten. Doch die Entscheidung hat sich offenbar verzögert. Angeblich ist mit Italien ein weiteres Land mit den Anfangsbuchstaben „I“ im Intel-Standort-Rennen, nach Israel und Irland.

Intel Irland ließ entschlüpfen, dass man sich für Lithografie mit Licht aus dem extremen ultravioletten Spektrum (EUV) mit hoher numerischer Apertur (High NA) rüstet, wie schon im Bit-Rauschen in c’t 16/2019 spekuliert. Die EUV-Belichtung mit 0,55 statt wie bisher 0,33 NA ist für die Fertigungstechnik „Intel 18A“ gedacht, die 2025 anlaufen soll. Zuvor soll Intel 20A – aus guten Gründen nicht wie das A20-Gate benannt – die ersten „Ribbon-FETs“ ermöglichen, also Feldeffekttransistoren mit mehreren länglichen Gate-Elektroden. Die heißen bei der Konkurrenz Nanosheet- oder Gate-All-Around-(GAA-)FETs.

Intel wird künftig stärker auf Zulieferer angewiesen sein. Doch Intel-Chef Pat Gelsinger verärgerte Anfang Dezember den wichtigsten Auftragsfertiger TSMC mit unbedachten Äußerungen. Als Argument für höhere Subventionen für die Halbleiterfertigung in den USA behauptete er, am Fertigungsstandort Taiwan drohten höhere Risiken. Dabei geht es außer um Erdbeben, Dürren und Taifune vor allem um militärische Bedrohung durch China. TSMC-Chef Mark Liu reagierte außergewöhnlich deutlich und wies die Behauptungen öffentlich zurück. Gelsinger sah sich genötigt, auf einer Dienstreise nach Asien einen Zwischenstopp in Taiwan einzulegen, um die Wogen zu glätten. Wie sich das mit den harten Covid-Quarantänebestimmungen in Taiwan vertrug, blieb offen. Wenige Wochen später entschuldigte sich Intel dann auch bei der chinesischen Regierung, weil man wegen der Menschenrechtsverletzungen in der Provinz Xinjiang keine Zulieferer von dort beauftragen will.

Baikal-ARM

Gut Ding will Weile haben: Die russische Firma Baikal wollte eigentlich schon vor vier Jahren den Serverprozessor Baikal-S mit ARMv8-Rechenkernen vorstellen. Nun präsentierte man den BE-S1000 mit 48 Kernen vom Typ Cortex-A75 alias Neoverse N1, gefertigt von TSMC mit 16-Nanometer-Technik. So richtig fertig fürs Rechenzentrum wirkt die Baikal-ARM-Technik aber noch nicht, auf dem Prototypen-Mainboard war ein dickes nachgelötetes Kabel zu sehen. Erste Geekbench-Ergebnisse des BE-S1000 deuten auf eher mäßige Rechenleistung hin. (ciw@ct.de)

Audio-Podcast Bit-Rauschen: ct.de/y3np

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