c't 8/2024
S. 38
Aktuell
Bitcoin

Krypto im Aufwind

Steht Bitcoin vor einer weiteren Runde im Hype-Zyklus?

Bitcoin erscheint wieder als lukratives Investment, dessen Kurs sogar ein neues Allzeithoch erreicht. Aber steht dahinter echtes Wachstum oder verzweifelte Kursmanipulation?

Von Sylvester Tremmel

Seit Monaten steigt der Bitcoin-Kurs wieder, im März kletterte er sogar auf ein neues Allzeithoch: Über 73.000 US-Dollar kostete ein Bitcoin am 13. und 14. dieses Monats. Im Anschluss fiel der Preis zwar deutlich, zu Redaktionsschluss auf etwa 64.000 US-Dollar, lag damit aber immer noch weit über dem Durchschnitt des vergangenen Jahres.

So sehr das in der Kryptowährungs-Bubble für Freude (und mitunter Häme) sorgt, so verhalten ist die allgemeine Stimmung, jedenfalls im Vergleich zu früheren Bitcoin-Hypes. Gier und Angst, etwas zu verpassen, können das schnell ändern, aber das neue Kurswachstum treiben bislang wohl nicht Kleinanleger, die direkt Bitcoin kaufen.

Eine verbreitete Erklärung lautet, dass Bitcoin-Spot-ETFs hinter dem Kursanstieg stecken. Also börsengehandelte Fonds (exchange-traded funds, ETF), die für ihre Anleger Bitcoin halten. Elf solche Fonds hat die amerikanische Börsenaufsicht SEC am 10. Januar zugelassen. Seitdem flossen über 20 Milliarden Dollar in die ETFs, die Bitcoins in diesem Gegenwert aufkauften und damit möglicherweise den Kurs trieben.

Einfacher Zugang zu Bitcoin dank BlackRock: Das klassische Finanzsystem integriert zunehmend den ehemaligen Gegenentwurf Bitcoin., Bild: BlackRock
Einfacher Zugang zu Bitcoin dank BlackRock: Das klassische Finanzsystem integriert zunehmend den ehemaligen Gegenentwurf Bitcoin.
Bild: BlackRock

Diese Zahlen sind allerdings mit viel Vorsicht zu genießen, unter anderem, weil der größte dieser ETFs überhaupt nicht profitiert; aus dem Grayscale Bitcoin Trust (GBTC) flossen stattdessen über 11 Milliarden Dollar ab. Denn GBTC war zuvor ein außerbörslicher Trust, dessen Anteile aus verschiedenen Gründen seit 2021 unter dem Bitcoin-Wert gehandelt wurden, den sie repräsentierten. Erst seit der Umwandlung in einen ETF Anfang dieses Jahres können Anleger ohne großen Verlust aussteigen und tun das auch. Weil GBTC höhere Gebühren als andere ETFs verlangt, ziehen sogar Anleger ohne Ausstiegsabsichten ihr Geld ab und investieren in einen der anderen ETFs. Wie viel frisches Geld die ETFs in das Bitcoin-Ökosystem bringen, ist daher schwer zu sagen – jedenfalls deutlich weniger, als die Zahlen nahelegen.

Kritiker warnen, dass der Bitcoin-Kurs stattdessen möglicherweise von Tether und Konsorten gepusht wird, also durch Ausschüttungen von Stablecoins. Die sollen immer dem Wert von einem US-Dollar entsprechen (daher der Name), üblicherweise, indem die Herausgeber echte Dollar in der Menge halten, in der sie Coins ausschütten. Tether (USDT) und andere Stablecoins stehen aber durchaus im Verdacht, in Wahrheit nicht ausreichend gedeckt zu sein. Circa 12 Milliarden USDT flossen seit Jahresbeginn in den Kryptomarkt und könnten den Bitcoin-zu-USD(T)-Kurs aufblasen.

Halvening

Eine Motivation, den Kurs künstlich zu treiben, könnte das anstehende „Halvening“ darstellen. Voraussichtlich im April wird die Belohnung halbiert, die Bitcoin-Miner für das Schürfen neuer Blöcke der Blockchain erhalten. Diese Regelung stammt aus den ideologischen Anfangstagen von Bitcoin und soll Inflation vermeiden, indem sie die Gesamtmenge aller jemals produzierbaren Bitcoins auf 21 Millionen begrenzt. Alle 210.000 Blöcke geschieht ein Halvening.

Für Bitcoin-Besitzer waren das bislang erfreuliche Ereignisse, im Nachgang legte der Bitcoin-Kurs oft sehr deutlich zu. Ob es einen ursächlichen Zusammenhang gibt, ist allerdings umstritten, denn das Ereignis kommt alles andere als überraschend und sollte eigentlich schon im Vorhinein eingepreist werden. Dass danach weniger neu ausgeschüttete Bitcoins in den Markt kommen, dürfte angesichts der Menge im Markt keine relevante Angebotsverknappung darstellen.

Für Bitcoin-Mining-Firmen bedeutet das Halvening jedenfalls ernste Probleme. Sie haben schon länger Mühe, ihre enormen Hardware- und Energiekosten zu decken, und arbeiten insbesondere nach dem Halvening nur bei einem ausreichend hohen Bitcoin-Kurs profitabel. Gleichzeitig sind sie für das Krypto-Ökosystem wichtig und durchaus einflussreich. Möglicherweise einflussreich genug, um für ihr Fortbestehen den Bitcoin-Preis aufzublasen.

Sicher ist jedenfalls eines: Mit dem einstigen, ideologisch motivierten Zahlungssystem ohne finanzielle Institutionen in Vertrauenspositionen hat Bitcoin kaum noch was zu tun. Stattdessen wurde daraus ein riskantes Spekulationsobjekt, an dem sich jetzt auch die ganz großen finanziellen Institutionen offen beteiligen: Der mit Abstand erfolgreichste Bitcoin-ETF gehört dem Investmentriesen BlackRock. (syt@ct.de)

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